Von wegen „dummes Schwein“: Mit Hilfe eines Joysticks, den sie mit der Schnauze anstupsen, können Schweine einfache Videospiele bedienen, wie ein Experiment bestätigt. Dabei erreichten die Tiere die vorgegebenen Cursor-Zielpunkte häufiger als durch zufällige Treffer erklärbar wäre. Offenbar verstehen die Schweine demnach, dass die Bewegungen des Joysticks mit denen des Cursors auf dem Bildschirm verbunden sind.
Schweine dienen dem Menschen seit Jahrtausenden als Nutztiere, insbesondere als Fleischlieferanten. Dass sie nicht nur schmackhaft, sondern auch intelligent sind, haben sie bereits in zahlreichen Studien unter Beweis gestellt: Sie können wie Hunde Kommandos erlernen, Richtungsanweisungen zuordnen und sogar Spiegel nutzen, um verstecktes Futter aufzuspüren.
Mit der Schnauze am Joystick
Die Forscherinnen Candace Croney und Sarah Boysen von der Purdue University haben nun eine Studie veröffentlicht, der zufolge verschiedene Schweinerassen sogar in der Lage sind, einfache Videospiele zu verstehen und zu spielen. Für die Studie lernten die beiden Yorkshire-Schweine Hamlet und Omelette sowie die zwei Panepinto-Minischweine Ebony und Ivory, einen Joystick mit ihrer Schnauze zu bedienen.
Anschließend trainierten Croney und Boysen sie darauf, mit dem Joystick einen Cursor auf bestimmte Ziele auf dem Bildschirm zu steuern. Um eine Belohnung zu erhalten, mussten die Schweine mit dem Cursor jeweils eine markierte Wand auf dem Bildschirm treffen. Waren sie erfolgreich, steigerte sich der Schwierigkeitsgrad: Zu Beginn des Experiments waren alle vier Wände Zielbereiche, später nur noch drei, zwei oder eine.
Erfolg trotz visueller und motorischer Schwierigkeiten
Alle vier Schweine trafen die Zielbereiche mit einer mehr als zufälligen Wahrscheinlichkeit, wie die Forscherinnen berichten. Das deutet darauf hin, dass sie das grundlegende Spielprinzip und ihren eigenen Einfluss auf die Cursorbewegungen verstanden. „Das Konzept zu verstehen, dass das eigene Verhalten anderswo eine Auswirkung hat, ist für ein Tier keine kleine Leistung“, sagt Croney.
Konzipiert wurde das Experiment ursprünglich für Affen. Im Vergleich zu diesen schnitten die Schweine deutlich schlechter ab. Allerdings kann das auch daran gelegen haben, dass die Aufgabe nicht auf Schweine zugeschnitten war, erklären die Forscherinnen: „Zum Beispiel könnten die visuellen Anforderungen für die Schweine besonders problematisch gewesen sein, zumal wir zuvor festgestellt hatten, dass alle vier Probanden weitsichtig waren.“ Außerdem sei die Steuerung per Schnauze statt per Hand deutlich herausfordernder.
Persönliche Bindung zum Trainer
Motiviert wurden die Schweine nicht nur durch das Futter, das sie für jeden erfolgreichen Versuch erhielten. „Auch der soziale Kontakt zwischen den Schweinen und ihrem Trainer war offenbar sehr wichtig“, berichten die Forscherinnen. Wenn die Tiere nach mehreren erfolglosen Versuchen scheinbar frustriert aufgeben wollten, ließen sie sich durch aufmunternde Worte ihres Trainers wieder ermutigen. Selbst als die futterspendende Maschine einmal kaputt war, genügte es, dass der Trainer die Schweine lobte und streichelte, um sie zum Weitermachen zu motivieren.
„Diese Art von Studie ist wichtig, denn wie bei allen empfindungsfähigen Lebewesen hat die Art und Weise, wie wir mit Schweinen interagieren und was wir ihnen antun, Auswirkungen auf sie und ist für sie von Bedeutung“, sagte Croney. „Wir haben daher eine ethische Verpflichtung, zu verstehen, wie Schweine Informationen erwerben und wie sie in der Lage sind, zu lernen und sich zu erinnern, weil das letztlich Auswirkungen darauf hat, wie sie ihre Interaktionen mit uns und ihrer Umgebung wahrnehmen.“
Relevanz für die Schweinehaltung
Auch mit Blick auf die industrielle Schweinehaltung könnten diese Einsichten neue Perspektiven eröffnen. „Ein wichtiges Ziel war und ist es, die Managementpraktiken und das Wohlergehen der Schweine zu verbessern“ sagt Croney. „Doch eigentlich ist das zweitrangig gegenüber dem Bestreben, die Einzigartigkeit der Schweine besser zu verstehen – abgesehen von dem Nutzen, den wir aus ihnen ziehen können.“ (Frontiers in Psychology, 2021, doi: 10.3389/fpsyg.2021.631755)
Quelle: Frontiers