Rekord-Ohren: Schon 30 Stunden nach der Geburt können Baby-Schweinswale perfekt hören. Ihr Gehör reift damit schneller aus als bei jedem anderen Säugetier – bei den meisten dauert dies Wochen bis Monate. Menschenkinder benötigen sogar Jahre, bis ihr Gehör voll ausgereift ist. Anders bei den Schweinswalen: Ihr Gehör und auch das Sonar funktionieren schon kurz nach der Geburt perfekt.
Obwohl wir Menschen schon im Mutterleib auf Musik reagieren und Frühchen sensibel sind für Lärm, ist unser Gehör selbst bei der Geburt noch lange nicht voll ausgereift. Bei uns Menschen dauert es sogar Jahre, bis unsere Ohren und das Gehirn selbst feinste Nuancen verarbeiten können. Bei anderen Säugetieren wie Katzen, Kaninchen, Fledermäusen oder Ratten dauert diese Reifung des Gehörs immerhin mehrere Monate.
Elektroden am Babykopf
Doch das ist bei Schweinswalen ganz anders, wie Magnus Wahlberg von der Universität von Süddänemark und seine Kollegen herausgefunden haben. „Das Hören ist für Zahnwale der wichtigste Wahrnehmungssinn, doch in welchem Alter das Gehör bei diesen Walen fertig entwickelt ist, war bisher unbekannt“, sagen die Forscher.
Um das zu ändern, haben die Wissenschaftler zwei neugeborenen und drei erwachsenen Schweinswalen mittels Saugglocken Elektroden am Kopf befestigt. Diese zeichneten die Reaktion der Hörbereiche im Gehirn auf akustische Reize auf. Als Auslösereize produzierten die Forscher Klicklaute der Frequenz 130 Kilohertz – der Frequenz, die von den Walen zu Echoortung und zur Kommunikation genutzt wird.
Schon nach einem Tag reif
Das Ergebnis: Schon weniger als 30 Stunden nach der Geburt reagiert das Gehirn der neugeborenen Schweinswale genauso auf die Klicklaute wie bei den erwachsenen Walen. Weder die Reaktionsschwellen noch die Latenzzeiten der Reaktion unterschieden sich bei Jungtieren und Erwachsenen.
„Diese Ergebnisse sprechen dafür, dass das Gehör der Schweinewale schon einen Tag nach der Geburt voll entwickelt ist“, sagen Wahlberg und seine Kollegen. „Damit besitzen neugeborene Schweinswale die schnellste Gehörentwicklung von allen bisher untersuchten Säugetieren.“ Wie das Experiment ergab, reagiert das Gehirn der Neugeborenen sogar stärker als bei den erwachsenen Walen – die Amplitude der Hirnströme war starker.
Wichtig für Kontakt mit der Mutter
Der Grund für dieses „Rekordgehör“ der Schweinwal-Babys ist nach Ansicht der Biologen naheliegend: „Ein neugeborenes Walkalb braucht ein gutes Gehör, damit es den Kontakt mit seiner Mutter halten kann und sie per Echoortung findet“, erklärt Wahlberg. „Es ist daher logisch, dass dieser Sinn bei den Schweinswalen so schnell wie möglich reift.“
Die Wissenschaftler vermuten, dass das Gehör anderer Zahnwale ähnlich schnell heranreifen könnte wie bei den Schweinswalen. Denn auch für sie ist das Gehör der wichtigste Sinn. Ob das tatsächlich der Fall ist, muss nun in weiteren Studien untersucht werden. (Comparative Physiology A, 2017; doi: 10.1007/s00359-017-1145-0)
(University of Southern Denmark, 06.03.2017 – NPO)