Zoologie

Sexuelle Belästigung macht Guppy-Weibchen zu „Zicken“

Drängende Männchen erhöhen Aggression der weiblichen Tiere untereinander

Guppy-Weibchen © gemeinfrei

Wenn sich Weibchen untereinander bekämpfen und „rumzicken“, sind Männchen daran nicht unschuldig. Das haben britische Forscher jetzt in Versuchen an Guppys, häufig in Aquarien gehaltenen Süßwasserfischen, festgestellt. „Die Gegenwart von Männchen, die die Weibchen sexuell bedrängen, verändert das Sozialverhalten der Weibchen untereinander“, berichten die Wissenschaftler im Fachmagazin „Biology Letters“ der britischen Royal Society. Die Weibchen verbrachten weniger Zeit miteinander und verhielten sich aggressiver gegenüber dem eigenen Geschlecht.

Für ihre Studie hatten Safi Darden und Lauren Watts von der University of Exeter das Verhalten weiblicher Guppys bei Anwesenheit eines einzelnen Männchen oder eines einzelnen Weibchens beobachtet. Bei diesen Fischen verbringen die Männchen einen großen Teil ihrer Zeit damit, Weibchen zu verfolgen und sie mit Balzverhalten zur Paarung aufzufordern. Jetzt habe man direkte experimentelle Belege dafür, wie dieses Verhalten die sozialen Beziehungen der Weibchen beeinflusse, sagen die Forscher.

Dieser negative Effekt sei aber nicht auf die Fische beschränkt, sondern finde sich auch in anderen Tiergruppen, darunter auch den Säugetieren. Vermutlich sei dies überall dort der Fall, wo Männchen Weibchen zur Paarung drängen oder sehr aktiv um sie werben, sagen die Forscher. Ob auch menschliches „Zickenverhalten“ durch die Anwesenheit paarungswilliger Männer gefördert wird, dazu äußern sich die Forscher allerdings nicht.

Flucht aus dem Schwarm

Weibliche Guppys schließen sich oft zu kleineren Schwärmen zusammen. Einzelne Weibchen blieben normalerweise rund sieben Minuten in einem solchen Verbund, bevor sie sich lösten oder einer anderen Gruppe anschlossen, berichte die Forscher.

War aber ein werbendes Männchen im Becken, das eines der Weibchen anbalzte, sank deren Aufenthaltszeit im Schwarm auf nur noch rund eine Minute. „Die wahrscheinlichste Erklärung dafür ist, dass die Weibchen damit der unerwünschten Aufmerksamkeit des Männchen ausweichen wollten“, schreiben die Forscher.

Parallel dazu habe man aber auch beobachtet, dass Angriffe der Weibchen auf Geschlechtsgenossinnen beim Fressen zunahmen, wenn ein balzendes Männchen präsent war. „Besonders ausgeprägt war diese Aggression zwischen Weibchen gleicher oder ähnlicher Größe“, berichten Darden und Watts. Diese Beobachtung deute darauf hin, dass die Weibchen ihre eigentlich gegen das Männchen gerichtete Aggression quasi auf ihre Geschlechtsgenossinnen umleiteten.

Weibchen-Zusammenhalt wichtig für Überleben

Nach Angaben der Forscher sind Beziehungen zwischen Weibchen bei vielen sozialen Tierarten wichtige Stützen des gesamten Gruppenverbands. Jüngste Studien hätten gezeigt, dass die Art und Stärke der Beziehungen der Weibchen untereinander sogar direkte Konsequenzen für die Fitness der Art haben könne, sagen die Forscher.

Die Störung dieses Zusammenhalts durch aggressiv werbende Männchen sei daher vermutlich ein stark wirksamer Faktor für evolutionäre Veränderungen, meinen Darden und Watts. Was dies langfristig für Tierarten mit „störenden Männchen“ bedeute, müsse nun noch genauer erforscht werden. (Biology Letters, 2011; doi:10.1098/rsbl.2011.0807)

(Biology Letters / University of Exeter / dapd, 05.10.2011 – NPO)

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