Manche Singvögel können nicht nur Melodien von Volksliedern nachsingen, sie setzen sogar die von einem Menschen vorgepfiffenen Lieder fort. Das zeigen Experimente deutscher Forscher mit Dompfaffen. Sie enthüllen, dass die Vögel dabei innerlich mitsingen, um den korrekten Einsatz nicht zu verpassen – ähnlich wie wir Menschen es tun würden. Auch die Art und Weise, wie sie sich die Melodien merken – als kleinere Untereinheiten – ist ähnlich wie bei uns, wie die Forscher im Fachmagazin „Animal Cognition“ berichten.
Das Musizieren wird als eine der komplexesten und anspruchsvollsten kognitiven Herausforderungen angesehen, die der menschliche Geist leisten kann. Das Singen einer Melodie erfordert die präzise Abstimmung mehrerer Tätigkeiten und die exakte Kontrolle der unterschiedlichen Tonhöhen und -längen aufeinanderfolgender Noten. Wir Menschen merken uns Melodien gewöhnlich in kleineren Untersequenzen – Melodiefragmenten, die wir dann beim Singen wieder aneinanderreihen. Nicolai Jürgen und seine Kollegen von der Universität Kaiserslautern wollten nun wissen, ob das auch bei Vögeln der Fall ist – oder ob sie Melodien als lineare Kette von Tönen memorieren.
Melodiefragmente – beim Singen wieder zusammengesetzt
„Das Merken in Form von Untermodulen ist ein grundlegender kognitiver Prozess“, erklären die Forscher. Und es ist komplexer als das lineare Merken. Denn um die Untermodule wieder zusammenzufügen, muss das Gehirn bewusst das nächste passende Modul aus dem Gedächtnis suchen. Innerhalb der Melodiebrocken dagegen und auch beim linearen Merken wird einfach automatisch die gespeicherte Sequenz abgerufen und läuft dann von Anfang bis Ende durch.
Dass einige Singvögel sich ihre arteigenen Gesänge in Untermodulen merken, haben Forscher schon für Zebrafinken und Nachtigallen nachgewiesen. Wenn diese Vögel alleine singen, rufen sie die erlernten Melodien nicht als zusammenhängende Einheit ab, sondern in Modulen, die aus jeweils vier bis zwölf Noten bestehen. Nicolai und seine Kollegen wollten nun prüfen, ob Dompfaffen sich auch menschliche Melodien auf diese Weise merken – und wie flexibel sie diese dann wieder abrufen können.