Fast schon verjährt: Forscher haben mithilfe von DNA-Analysen den Verursacher eines Haibisses enttarnt – 24 Jahre nach dem Angriff. Denn erst jetzt war in einer neu entstandenen Wunde des damaligen Opfers ein Stück eines Zahns aufgetaucht. Dieser enthielt erstaunlicherweise noch verwertbares Erbmaterial und verriet so den Täter – einen Kleinen Schwarzspitzenhai.
Haie gehören zu den Top-Predatoren der Meere. Menschen sind dabei eigentlich nicht Teil ihres Beutespektrums, trotzdem werden gerade Surfer immer wieder von den Raubfischen gebissen. Auch Jeff Weakly aus Florida musste dies im Jahr 1994 am eigenen Leib erfahren. Als im Sommer 2018 eine seltsame Beule an seinem Fuß auftauchte, hatte er diesen Vorfall allerdings längst vergessen – denn der Haibiss lag bereits 24 Jahre zurück.
Weakly hielt die blasenartige Beule zunächst für eine Folge intensiver Laufeinheiten. Doch als sie immer größer wurde, öffnete er sie schließlich – und fand eine Spur der Haibegegnung aus vergangenen Tagen: das Fragment eines Zahns. Kurz nach diesem überraschenden Fund las Weakly, dass Forscher mithilfe der DNA aus einem Zahn den Hai identifiziert hatten, der für einen kürzlich passierten Angriff verantwortlich war. Würde dies auch nach fast einem Vierteljahrhundert noch möglich sein?
Täter entlarvt
Um das herauszufinden, schickte Weakly sein Zahnstück an das Team um Lei Yang vom Florida Museum of Natural History. Dort war man zunächst skeptisch: „Ich schätzte unsere Chance auf Erfolg nahe null ein“, berichtet Yangs Kollege Gavin Naylor. Schließlich sei der Zahn 24 Jahre lang von Weaklys Immunsystem angegriffen worden und die Wahrscheinlichkeit, dass er noch verwertbare DNA enthielt, daher gering.
Nichtsdestotrotz versuchten die Wissenschaftler ihr Glück – und hatten Erfolg, wie sie nun berichten. Das im Zahngewebe enthaltene Erbmaterial eignete sich tatsächlich noch für die Bestimmung seines einstigen Besitzers. Abgleiche mit genetischen Datenbanken zu Haien und Rochen ergaben: Weakly hatte vor 24 Jahren ein Kleiner Schwarzspitzenhai (Carcharhinus limbatus) in den Fuß gebissen.
Verursacher oft unbekannt
Diese Haispezies ist in tropischen und subtropischen Meeren weit verbreitet und häufig vor Flussmündungen, in Buchten und Mangrovenregionen anzutreffen. In Florida schnappt der bis in Tiefen von 30 Meter vorkommende Vertreter aus der Familie der Requiemhaie immer mal wieder bei Menschen zu, wie die Forscher berichten.
Weakly ist froh, den Verursacher des Bisses nun zu kennen. „Ich war immer neugierig“, erklärt er. Groll gegen Haie hegt er trotz des Zwischenfalls von damals jedoch nicht. „Ich fühle definitiv keinen Hass oder Rachsucht gegenüber den Raubfischen. Sie sind ein Teil unserer Natur.“
Damit Mensch und Hai künftig noch friedlicher miteinander Leben können, sind DNA-Analysen wie diese für Forscher von großer Bedeutung: Bei rund 70 Prozent aller Haibisse ist die verantwortliche Spezies unbekannt. Doch erst, wenn man mehr über die „Beißer“ weiß, können bessere Strategien zur Vermeidung von Haiangriffen entwickelt werden, wie Yang betont. (Wilderness & Environmental Medicine, 2019; doi: 10.1016/j.wem.2019.04.008)
Quelle: Florida Museum of Natural History