Biologie

Skurril: Dachs vergräbt ganze Kuh

Silberdachs nimmt es mit ungewöhnlich großem Kadaver auf

Fünf Tage lang buddelte der Dachs, um den üppigen Festschmaus zu verstecken. © University of Utah

Beeindruckende Leistung: Biologen haben einen nordamerikanischen Silberdachs bei einer ungewöhnlichen Aktion gefilmt. Das Tier vergräbt den Kadaver eines toten Kalbes, das um einiges größer ist als es selbst. Für das Verstecken des nahrhaften Festschmauses rackerte sich der Dachs fünf Tage lang ab. Die Aufnahmen seien der erste Nachweis, dass Silberdachse so große Nahrungsstücke vergraben können, berichten die Forscher.

Der in Nordamerika heimische Silberdachs ist ein talentierter Gräber. Wie sein europäischer Verwandter auch haust Taxidea taxus in unterirdischen Gängen und kommt mit Vorliebe nachts zum Vorschein. Dann macht das Tier aus der Familie der Marder Jagd auf Insekten, Vögel und kleine Nagetiere oder sucht nach Aas. War er erfolgreich, verbuddelt der Dachs seine Beute mitunter im Erdreich – als Nahrungsvorrat für schlechte Zeiten.

Zu welchen Höchstleistungen das Tier dabei fähig ist, haben Wissenschaftler bisher jedoch unterschätzt. Denn der Silberdachs kann offenbar nicht nur Kleingetier wie Kaninchen oder Hamster begraben. Neue Aufnahmen von Biologen um Ethan Frehner von der University of Utah in Salt Lake City zeigen: Das Tier nimmt es sogar problemlos mit einer ganzen Kuh auf.

In die Kamerafalle getappt

Auf dem Video ist zu sehen, wie ein Silberdachs den Kadaver eines toten Kalbes durch fleißiges Graben in der Erde versenkt. Es sei der erste Nachweis, dass die Tiere Beute vergraben können, die weitaus größer ist als sie selbst, berichten die Forscher. „Das ist ein Verhalten, das bisher noch überhaupt nicht bekannt war.“

Grabung im Zeitraffer: Dieses Video zeigt den Silberdachs bei der Arbeit.© University of Utah

Für Frehner und seine Kollegen kam ihre Entdeckung mehr als überraschend. Ursprünglich wollten die Wissenschaftler nämlich gar nicht Dachse erforschen, sondern größere Aasfresser wie Berglöwen oder Kojoten. Dafür legten sie in den Grassy Mountains, westlich von Salt Lake City sieben Kadaver von Kälbern aus und richteten Kamerafallen ein.

Grabungsmeister in Aktion

Als eines der Lockmittel plötzlich nach einer Woche verschwunden war, hatte das Team zunächst ein größeres Raubtier in Verdacht, den Kadaver weggeschleppt zu haben. Die Aufnahmen aber offenbarten schließlich einen anderen Täter: den Silberdachs. Dieser hatte über einen Zeitraum von fünf Tagen daran gearbeitet, das tote Kalb in der Erde zu verscharren.

Dabei ging der Dachs offensichtlich strategisch vor und grub neben und unter der Kuh, um sie nach und nach in den Boden abzusenken. In den darauffolgenden Wochen kehrte er dann immer wieder zu seinem Versteck zurück. „Eine solche massive Aushöhlung ist für einen Dachs ziemlich beeindruckend“, sagt Frehner. „Das Tier hat sehr viel Grabungsaufwand investiert, um diese Leistung zu vollbringen.“

Erdloch statt Kühlschrank

Den Wissenschaftlern zufolge erfüllt das Vergraben zwei wichtige Funktionen: Zum einen vergraben die Dachse ihre Nahrung, um sie vor anderen Aasfressern zu verstecken. Zum anderen fungiert das Loch in der Erde wie eine Art Kühlschrank – und hält den Kadaver länger frisch.

Dass der Dachs tagelangen Aufwand in das Vergraben eines unverhältnismäßig großen Nahrungsstücks investierte, erklärt sich das Team mit seinem kargen Lebensraum. „Es gibt nicht viele Ressourcen dort draußen“, sagt Frehners Kollege Evan Buechley. Ein großes Huftier sei deshalb als Nahrung sehr willkommen und könne den Dachs lange Zeit ernähren.

Dienstleistung für Rinderzüchter?

Die Forscher vermuten, dass dieses Verhalten unter den nordamerikanischen Silberdachsen weit verbreitet sein könnte. Denn sie beobachteten später einen weiteren Dachs, der sich ebenfalls daran machte, einen Kalbskadaver zu vergraben.

Beanspruchen die Tiere häufiger so große Kadaver für sich, könnte das bedeutende Auswirkungen haben: „Die Nährstoffe in einem Kadaver können für viele unterschiedliche Lebewesen in einem Ökosystem wichtig sein. Wenn die Silberdachse diese Nahrungsquelle also sozusagen monopolisieren, hat das womöglich weitreichende, ökologische Konsequenzen“, sagt Buechley.

Rinderzüchtern könnten die Tiere mit ihrer Grabungstätigkeit dagegen einen Gefallen tun, glaubt das Team. Vergrüben Silberdachse häufiger Kadaver verendeter Weidetiere, verhinderten sie so womöglich die Ausbreitung von Krankheiten innerhalb der Herde. (Western North American Naturalist, 2017)

(University of Utah, 03.04.2017 – DAL)

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