Chemie

Sonnenmilch schwemmt Schwermetalle ins Meer

Badende bringen signifikante Mengen an Titan, Aluminium und Blei ins Wasser

Sonnenmilch
Sonnenschutzmittel sind wichtig für unsere Gesundheit, aber beim Baden im Meer setzen sie potenziell schädliche Metalle und Chemikalien frei. © FiremanYU/ iStock.com

Unsichtbare Kontamination: Ein typischer Badetag am Mittelmeer kann erhebliche Mengen an Schwermetallen und Nährstoffen ins Meer schwemmen, wie eine Studie enthüllt. Denn diese Substanzen werden von den ins Wasser gespülten Sonnenschutzmitteln freigesetzt. An einem normalen Strand kann sich dadurch der Titangehalt im Wasser um 20 Prozent erhöhen, der von Aluminium um vier Prozent. Auch Blei, Cadmium und Phosphate werden in geringen Mengen freigesetzt.

Angesichts der Folgen von Sonnenbrand und zu viel UV-Strahlung ist ein guter Sonnenschutz beim Badeurlaub unverzichtbar. Diese Mittel enthalten teils organische Verbindungen, teils anorganische Nanopartikel, die als UV-Filter wirken. Das Problem jedoch: Einige dieser Chemikalien zeigen hormonähnliche Wirkungen und könnten die Spermienfunktion stören, wie Studien nahelegen. Nanopartikel wie Titandioxid wiederum stehen im Verdacht, Wassertieren zu schaden und vielleicht sogar Darmentzündungen beim Menschen zu fördern.

Aluminium, Blei und Cadmium

Doch es gibt noch eine weitere Komponente der Sonnenschutzmittel: Schwermetalle. Denn neben dem Titan aus den Titandioxid-Nanopartikeln enthalten gängige Sonnencremes auch Spuren von Aluminium, Cadmium, Kupfer, Mangan, Kobalt, Nickel und Blei. Diese Metalle sind in der Creme oft an organische Chemikalien gebunden. Ob und wie stark sie aber beispielsweise beim Baden ins Meerwasser übergehen, war bislang unklar.

Das haben nun Araceli Rodriguez-Romero von der Universität von Cantabrien in Santander und ihre Kollegen untersucht. Für ihre Studie ermittelten sie zunächst in einem Laborversuch mit frischem Mittelmeerwasser, wie stark und schnell sich die Metalle aus einer gängigen Sonnenmilch mit Lichtschutzfaktor 50 im Meerwasser lösen. Dann rechneten sie mithilfe eines Modells hoch, welche Mengen an einem typischen Strand am Mittelmeer an einem Tag dadurch freigesetzt werden.

Sonnenstrahlung begünstigt Lösung

Das Ergebnis: Im Meerwasser bildet die Sonnenmilch zunächst stabile Kolloide – schwer lösliche Tropfen aus organischen Chemikalien mit Nanopartikeln und Metallen. Doch unter Einfluss von UV-Licht setzten diese Aggregationen nach und nach die Metalle frei, wenn auch teilweise mit einer Verzögerung von bis zu sechs Stunden, wie die Forscher berichten. Die höchsten Freisetzungsraten fanden sie bei Aluminium, Titan, Molybdän und Mangan.

Was aber bedeutet dies für das Meer an einem Badestrand? Für ihre Modellrechnung gingen die Wissenschaftler von der für einen Sommertag typischen Menge an Badenden an einem Mittelmeerstrand aus. Die Badenden trugen dabei im Schnitt 18 Gramm Sonnenmilch auf – dies entspricht der Hälfte der empfohlenen Menge. Von dieser Sonnenmilch wird ein Viertel beim Baden abgespült und gelangt ins Meerwasser. Die Simulation zeigte dann, wie sich die Zusammensetzung des Meerwassers in diesem Strandabschnitt dadurch verändert.

Schon ein Badetag verändert das Meerwasser

Das „Strandmodell“ ergab: Schon ein Badetag kann den Gehalt einiger Metalle im strandnahen Meerwasser signifikant erhöhen. „Die stärksten Anstiege fanden wir bei Titan mit 19,8 Prozent, Aluminium mit vier Prozent und Blei mit 0,2 Prozent“, berichten Rodriguez-Romero und ihr Team. Bei Kupfer, Kobalt, Mangan und Cadmium war ebenfalls eine klare Zunahme erkennbar, wenn auch nur im Bereich von einigen hundertstel Prozent.

„Doch diese Spurenmetalle spielen schon in geringen Konzentrationen eine biologische Schlüsselrolle im Ozean“, erklären die Forscher. „Deshalb könnten schon winzige Mengen der gelösten Konzentrationen dieser Metalle Auswirkungen auf die marine Lebenswelt haben.“ So haben Cadmium und Blei schon in den im Modell freigesetzten Mengen einen toxischen Effekt auf Algenzellen. Von Aluminium ist bekannt, dass es Kieselalgen schaden kann und Titan setzt Muscheln unter oxidativen Stress, wie Studien belegen.

Ökologische Folgen noch weitgehend unbekannt

Nach Ansicht der Forscher könnten Sonnenschutzmittel gerade an stark besuchten Stränden durchaus Auswirkungen auf die marine Lebenswelt haben. Das gilt vor allem dann, wenn die Strände in Buchten mit geringem Wasseraustausch liegen. Bisher jedoch sind die Effekte der meisten hier untersuchten Metalle auf Meeresorganismen kaum untersucht, wie sie berichten. Angesichts der enormen Touristenmassen, die in jedem Sommer gerade die Strände des Mittelmeeres besuchten, sei dies dringend nötig.

„An den Stränden dieses Meeres erfreuen sich Millionen Besucher jedes Jahr, allein im Jahr 2016 waren es mehr als 300 Millionen Touristen“, so Rodriguez-Romero und ihr Team. Wenn man dann hochrechnet, welche Mengen an Sonnenschutzmitteln verwendet und ins Wasser gespült werden, könnte dies noch unerkannte biologische Folgen haben. (Environmental Science & Technology, 2019; doi: 10.1021/acs.est.9b02739)

Quelle: American Chemical Society

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