Eine Chemotherapie im Kindesalter macht bisher viele Männer für den Rest ihres Lebens unfruchtbar. Eine Stammzellbehandlung könnte dies zukünftig ändern: US-amerikanischen Forschern ist es erstmals gelungen, Rhesusaffen mit Hilfe von Spermien-Stammzellen ihre Fruchtbarkeit zurückzugeben. Sie entnahmen dafür den Tieren vor der Pubertät die unreifen Spermienvorläuferzellen und froren sie ein. Die Affen erhielten anschließend eine Chemotherapie, die sie unfruchtbar machte. Einige Monate später injizierten die Wissenschaftler die eingefrorenen Stammzellen zurück in die Hodenkanälchen der Tiere. Neun von zwölf Rhesusaffen hätten anschließend normale, funktionsfähige Spermien entwickelt, mit denen erfolgreich Eizellen befruchtet wurden, berichten Brian Hermann von der University of Pittsburgh und seine Kollegen im Fachmagazin „Cell Stem Cell“. Das sei ein wichtiger Meilenstein für die Reproduktionsmedizin und biete denjenigen Hoffnung, die durch eine Chemotherapie im Kindesalter unfruchtbar geworden seien.
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„Erwachsene Männer können vor einer Krebstherapie ihre Spermien einfrieren lassen und so auch hinterher noch Kinder zeugen“, erklärt Studienleiter Kyle Orwig von der University of Pittsburgh. Aber Jungen vor der Pubertät sei dies nicht möglich, da sie noch keine ausgereiften Spermien besitzen. In ihren Hoden befinden sich zwar schon die Stammzellen, aus denen später Spermien entstehen, diese werden aber bei einer Chemotherapie meist zerstört. Bisher mussten sich diese Männer daher damit abfinden, kinderlos zu bleiben. Eine therapeutische Lösung habe für sie bisher nicht existiert, sagen die Forscher. Mit Mäusen gab es zwar bereits erste Versuche, die Spermien-Stammzellen einzufrieren und sie später wieder einzupflanzen. Jetzt sei dies erstmals auch bei Primaten gelungen – und damit der Gruppe, zu der auch der Mensch gehört.
Chemotherapie für Rhesusaffen
Für ihre Studie entnahmen Hermann und seine Kollegen zwölf erwachsenen und fünf vorpubertären Rhesusaffen Hodengewebe und isolierten daraus die Spermienvorläuferzellen. Diese froren sie ein. Anschließend wurden alle Affen mit dem Krebsmedikament Busulfan behandelt, das unter anderem gegen Leukämie eingesetzt wird und die Spermien zerstört. Zehn bis zwölf Wochen nach der Chemotherapie tauten die Forscher die eingefrorenen Spermien-Stammzellen auf und markierten diese mit einem Viren-Gen. „Auf diese Weise konnten wir die transplantierten Zellen später leicht wiedererkennen“, erklären sie. Dann injizierten sie die markierten Stammzellen den Rhesusaffen zurück in die Hodenkanälchen.
Eineinhalb Monate nach Transplantation der Stammzellen hatten neun der zwölf erwachsenen Affen wieder vollkommen normale Spermienzahlen in ihrem Ejakulat, wie die Forscher berichten. Von den fünf behandelten Affenjungen hätten drei nach der Pubertät ebenfalls eine normale Spermienproduktion entwickelt. Anhand des Markers konnten die Wissenschaftler nachweisen, dass diese Spermien tatsächlich aus den injizierten Stammzellen entstanden waren. Ein Labortest belegte, dass die Spermien intakt und zeugungsfähig waren: Mit ihnen befruchtete Eizellen entwickelten sich zu gesunden Embryos, wie Hermann und seine Kollegen berichten.
„Mit dieser Studie haben wir bewiesen, dass die Spermien-Stammzellen von höheren Primaten eingefroren und transplantiert werden können, ohne dass sie ihre Fähigkeit zur Spermienproduktion verlieren“, konstatieren die Forscher. Vor der Anwendung dieses Verfahrens beim Menschen müsse man allerdings erst noch einige Fragen klären, beispielsweise wann man die Stammzellen am besten wieder zurückübertrage und auch, ob sich Krebszellen in den entnommenen Stammzellen verbergen können. (doi:10.1016/j.stem.2012.07.017)
(Cell Stem Cell, 02.11.2012 – NPO)