Bildung

Star Wars-Schmu im Fachjournal

Drei Fachmagazine fallen auf Pseudo-Fachartikel über Midi-Chlorianer rein

Eine wilde Mischung aus Star Wars-Zitaten und Wikipedia-Plagiat - und trotzdem wurde der Pseudo-Fachartikel von drei Journalen veröffentlicht. © iStock.com (Kollage)

Peinliche Panne: Ein Pseudo-Fachartikel über die komplett fiktionalen „Midi-Chlorianer“ der Star Wars-Filme wurde von drei Fachmagazinen veröffentlicht. Obwohl dieser Artikel völlig unsinnig war und aus Wikipedia-Plagiaten und Star Wars-Zitaten bestand, lehnten die Gutachter ihn nicht ab. Allerdings: Alle drei Fachjournale gehören zu den umstrittenen „Predatory Journals“ – eher unseriösen Online-Magazinen, die Forschern Geld für die Veröffentlichung abnehmen.

Fachjournale sind wichtige Vermittler wissenschaftlicher Erkenntnisse, gleichzeitig gelten Publikationen in renommierten Journalen meist als Messlatte für die Leistungen eines Forschers. Um die Qualität der Veröffentlichungen zu sichern und Betrügereien zu verhindern, nutzen die Fachjournale das Prinzip der Peer-Review: Externe Gutachter prüfen und bewerten die eingereichten Manuskripte – und lehnen sie im Zweifelsfalle ab.

Nicht unfehlbar

Dieses System gilt als einer der Grundpfeiler des Wissenschaftsbetriebs, auch wenn es nicht unfehlbar ist. 2015 mussten Dutzende von Fachartikeln zurückgezogen werden, weil die Autoren ihre Peer-Review unerkannt einfach selbst verfasst hatten.

Zudem ist bekannt, dass es gerade bei den Open Access-Journalen einige Schwarze Schafe gibt. Diese meist mit seriös klingenden Titeln versehenen Magazine verdienen ihr Geld damit, dass möglichst viele Forscher ihre Artikel kostenpflichtig bei ihnen publizieren – egal welche Qualität die Beiträge haben. Wegen unzureichender oder gar nicht stattfindender Peer Review stehen diese im Englischen auch als „Predatory Journals“ bezeichneten Journale schon länger in der Kritik.

Midi-Chlorianer statt Mitochondrien

Wie unseriös einiger dieser dubiosen Fachjournale vorgehen, deckt jetzt ein spektakulärer Schmu auf. Ein unter dem Pseudonym „Neuroskeptic“ schreibender Science-Blogger hat ein Paper verfasst, in dem er einen Star Wars-Mythos aufgreift und als wissenschaftlichen Fakt verkauft: die Midi-Chlorianer. In der „Krieg der Sterne“-Filmreihe leben sie im Inneren der Zellen von Jedis und verleihen ihnen die Fähigkeit, die „Macht“ zu nutzen.

Fiktive Midi-Chlorianer statt realer Mitochondrien (wie hier zu sehen). © gemeinfrei

Für seinen Pseudo-Fachartikel kopierte Neuroskeptic Textpassagen aus dem Wikipedia-Artikel zu Mitochondrien zusammen und ersetzte überall das Wort Mitochondrien durch Midi-Chlorianer. Außerdem ergänzte er den Text mit verschiedenen Verweisen auf die „Macht“ und andere Star Wars-Themen. Ein Beispiel: „Midi-chlorians are microscopic life-forms that reside in all living cells – without the midi-chlorians, life couldn’t exist, and we’d have no knowledge of the force.“

Klarer Hinweis auf die Quelle

„Das Manuskript ist ein absurdes Durcheinander aus faktischen Fehlern, Plagiat und Filmzitaten“, sagt der Autor. Um es den Journalen und ihren Gutachtern trotz dieser offensichtlichen Mängel noch leichter zu machen, fügte er im Methoden- und Quellenteil einen klaren Hinweis auf die Quelle ein: „Der Großteil dieses Textes ist verändert aus Wikipedia übernommen worden.“

Bei neun Fachjournalen, die als „Predatory Papers“ gelten, reichte Neuroskeptic dieses Manuskript ein. Als angebliche Autoren gab er Dr Lucas McGeorge und Dr Annette Kin an – auch das schon ein Hinweis auf den Star Wars-Bezug. Um es noch offensichtlicher zu machen, übernahm der Autor sogar eine Passage aus dem Monolog von Palpatine aus Episode III, in dem dieser die Legende des Darth Plaguies dem Weisen erzählt.

Vier fallen drauf rein

Das Ergebnis: Nur drei der Journale lehnten das Manuskript rundheraus ab, zwei weitere baten um Nachbesserung: Beim „Journal of Molecular Biology and Techniques“ empfahlen die Gutachter lediglich die Änderung von Midi-Chlorianer in Mitochondrien, bei „JSM Biochemistry and Molecular Biology“ erkannten die Gutachter immerhin den Star Wars-Bezug und forderten die Autoren auf, Literaturangaben wie „Lucas et al., 1977 und Palpatine et al., 1980“ hinzuzufügen.

Erschreckend aber: Vier der Fachjournale fielen komplett auf den Pseudo-Fachartikel herein. Eines forderte 350 US-Dollar Publikationsgebühr, die der Autor aber nicht zahlen wollte. Die anderen drei jedoch veröffentlichten den Nonsens-Artikel ohne weitere Rückfragen oder Kommentare. „Ich hätte das nicht erwartet, weil alle diese Magazine normalerweise Publikationsgebühren verlangen, aber ich habe dafür keinen Penny gezahlt.“

Schwarze Schafe – Schaden für alle

Dies demonstriert: Neben den vielen seriösen und renommierten Fachmagazinen gibt es offensichtlich einige sehr schwarze Schafe. „Aber beweist dies deshalb, dass das gesamte System des wissenschaftlichen Publizierens hoffnungslos versagt? Nein!“, betont „Neuroskeptic“. Denn es bestätige nur, was man ohnehin schon wusste: Einigen der sogenannten Fachjournale geht es einfach nur ums Geld.

Das Problem dabei: Diese Fälle werfen ein schlechtes Licht auch auf die Fachmagazine, die sich um seriöse und qualitativ hochstehende Inhalte bemühen. „Wissenschaftliche Verlage verkaufen ein Produkt, und dies ist letztlich die Peer-Review“, sagt Neuroskeptic. Wird das Vertrauen in dieses System unterminiert, leiden alle darunter.

Hinzu kommt: Viele Wissenschaftler erkennen nicht auf Anhieb, dass sie einem dieser „Predatory Journals“ aufgesessen sind. Und das ist auch durchaus gewollt. Viele dieser Magazine geben sich Titel, die denen renommierter Fachjournale zum Verwechseln ähnlich sind, zum Beispiel „Journal of Molecular Biology and Techniques“ statt „Journal of Molecular Biology“.

Der Originalbeitrag von Neuroskeptic im Portal „Discover“ zum Nachlesen und Genießen.

(Neuroskeptic, Livescience, 27.07.2017 – NPO)

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