Urzeitlicher Riese: Im zentralasiatischen Kirgisistan haben Paläontologen den ersten Raubdinosaurier des Landes entdeckt. Der „Alpkarakush kyrgyzicus“ konnte bis zu neun Meter lang und 1,25 Tonnen schwer werden und trug markante knöcherne Hörner über den Augen, die an geschwungene Augenbrauen erinnern. Zum Zeitpunkt seines Todes war der Raubdinosaurier allerdings nicht allein unterwegs, wie der Fossilfund enthüllt.
Dinosaurier waren einst auf der ganzen Welt verbreitet. Obwohl wir ihre fossilen Überreste demnach theoretisch in jedem Land der Erde finden könnten, sind paläontologische Ausgrabungen nicht überall gleich häufig beziehungsweise erfolgreich. Während etwa aus China zahlreiche bedeutende Entdeckungen wie gefiederte und brütende Dinosaurier stammen, sind im zentralasiatischen Nachbarland Kirgisistan bislang nur sehr wenige Dino-Fossilien entdeckt worden.
Ein mythischer Riesenvogel aus Kirgisistan
Doch in den gebirgigen Wüstengebieten nahe der westkirgisischen Stadt Taschkömür haben Paläontologen um Oliver Rauhut von der Bayerischen Staatssammlung für Paläontologie und Geologie nun einen ganz besonderen Fund gemacht: eine neue Raubdinosaurierart und gleichzeitig den ersten Raubdinosaurier Kirgisistans. In der 165 Millionen Jahre alten Balabansai-Formation legten sie Teile der Schädelknochen, mehrere Wirbel, Fragmente des Schultergürtels und der Vordergliedmaßen sowie den fast vollständigen Beckengürtel und die Hintergliedmaßen frei.
Basierend auf der Größe der fossilen Knochen schätzen Rauhut und sein Team, dass der zu den zweibeinig laufenden Theropoden zählende Dinosaurier einst acht bis neun Meter lang und 1,25 Tonnen schwer werden konnte. Sie haben die neue Art auf den Namen „Alpkarakush kyrgyzicus“ getauft. Im Manas-Epos, dem wichtigsten Werk der klassischen kirgisischen Literatur, ist Alpkarakush ein riesiger Vogel, der den Helden in kritischen Momenten zur Hilfe kommt.
Der prähistorische Alpkarakush konnte zwar anders als sein literarischer Namensgeber nicht fliegen, dafür besaß er aber ein anderes, besonderes Merkmal: Er trug markante knöcherne Hörner über den Augen, die an geschwungene Augenbrauen erinnern. Der Raubdinosaurier teilte sich seinen Lebensraum unter anderem mit einer Stegosaurus-Art und mit dem langhalsigen, bis zu 18 Meter langen Ferganasaurus.
Jungtier als Reisegefährte
Wie Untersuchungen des inneren Knochenaufbaus ergaben, war das Alpkarakush-Exemplar zum Zeitpunkt seines Todes mindestens 17 Jahre alt – und nicht allein unterwegs. Direkt neben dem ausgewachsenen Tier fanden Rauhut und seine Kollegen die Überreste eines zweiten, 15 bis 20 Prozent kleineren Raubdinosauriers derselben Art. Sie halten es für möglich, dass es sich bei den beiden Exemplaren um ein Elterntier mit seinem Jungen handelt. „Der Fund deutet darauf hin, dass die Jungtiere von Alpkarakush zumindest bis zu einem frühen subadulten Stadium gemeinsam mit den Erwachsenen reisten“, berichten die Paläontologen.
Woran die beiden Raubdinosaurier starben, ist noch unbekannt, doch es widerfuhr ihnen wahrscheinlich gleichzeitig. Nach ihrem Tod wurden die Körper der Alpkarakush-Dinos dann gemeinsam im Sediment eines Überschwemmungsgebietes abgelagert, wie die Paläontologen berichten. Dementsprechend fanden sie an der Ausgrabungsstelle neben den beiden Dinosauriern vor allem Überreste wasserlebender Tiere – darunter Lungenfischzähne und Reste von Schildkrötenpanzern.
Verwandtschaft aus Ostasien
Rauhut und sein Team ordnen die beiden Alpkarakush kyrgyzicus der Raubdinosaurierfamilie der Metriacanthosauriden zu – großen Räubern, die Ostasien während dem mittleren und späten Jura-Zeitalter bevölkerten. Bei der kirgisischen Spezies handelt es sich wahrscheinlich um den zweitältesten Vertreter dieser Gruppe.
Das wiederum deutet darauf hin, dass sich die Metriacanthosauriden schon früh und rasch diversifizierten, bevor sie sich dann im Spätjura auch bis nach Europa ausbreiteten, wie die Paläontologen berichten. (Zoological Journal of the Linnean Society, 2024; doi: 10.1093/zoolinnean/zlae090)
Quelle: Staatliche Naturwissenschaftliche Sammlungen Bayerns