Negativer Stress löst im Gehirn Veränderungen aus, die Alzheimer fördern können: In Versuchen an Ratten haben Wissenschaftler festgestellt, dass die verstärkte Ausschüttung von Stresshormonen im Gehirn übermäßig viel phosphoryliertes Tau-Protein entstehen lässt. Dieses verklumpt und zerstört Zellen in für Lernen und höhere geistige Fähigkeiten wichtigen Gehirnarealen. Sollte dieser Mechanismus auch beim Menschen existieren, könnte dies neue Möglichkeiten für die Behandlung und Vorbeugung eröffnen.
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Typisches Merkmal von der Alzheimer-Krankheit sind Proteinablagerungen innerhalb der Nervenzellen: Eine übermäßige Modifizierung des Tau-Proteins mit Phosphatgruppen – eine so genannte Hyperphosphorylierung – führt dazu, dass das Protein in den Zellen verklumpt. Als Folge sterben Nervenzellen vor allem im Hippocampus, einer Region die für Lernen und Gedächtnis wichtig ist, sowie in der präfrontalen Hirnrinde, dem Sitz höherer geistiger Fähigkeiten. Weniger als zehn Prozent der Alzheimer-Fälle sind erblich bedingt, die Ursachen für die übrigen sind bislang kaum bekannt.
Wissenschaftler am Max-Planck- Institut für Psychiatrie haben jetzt überprüft, inwieweit negative Faktoren wie Stress ein Auslöser für Alzheimer sein könnten. Die Münchner Forscher setzten dafür Ratten einen Monat lang täglich für eine Stunde unter Stress, beispielsweise durch einen überbesetzten Käfig oder eine vibrierende Plattform. Anschließend ermittelten sie, wie viel hyperphosphoryliertes Tau-Protein im Hippocampus und der präfrontalen Hirnrinde vorhanden war. Zusätzlich mussten die Tiere Lerntests absolvieren.
Stress erzeugt Alzheimer-ähnliche Protein- und Verhaltensänderungen
Die Experimente zeigen, dass Stress und die dabei ausgeschütteten Stresshormone tatsächlich Alzheimer-ähnliche Protein- und Verhaltensänderungen bei Ratten beschleunigen können. Die gestressten Tiere hatten deutlich erhöhte Werte von hyperphosphoryliertem Tau-Protein im Gehirn. Sie konnten sich zudem schlechter an bereits Gelerntes erinnern als nicht gestresste Artgenossen und verhielten sich deutlich unflexibler – ein Hinweis auf Schäden in der präfrontalen Hirnrinde.
„Die Ergebnisse zeigen, dass Stresshormone und Stress das Tau-Protein wie bei Morbus Alzheimer verändern können“, erklärt Osborne Almeida vom Max- Planck-Institut für Psychiatrie. In einer früheren Studie hatten die Forscher bereits nachgewiesen, dass Stresshormone auch die Bildung von Beta-Amyloid-Protein beschleunigen und so zu Gedächtnisverlust führen können. Dieses Protein bildet bei Alzheimer-Patienten ebenfalls für die Nervenzellen giftige Ablagerungen im Gehirn.
Ähnlicher Mechanismus auch beim Menschen?
Als nächstes wollen die Forscher herausfinden, ob Stress und Stresshormone eine ähnliche Rolle bei nicht-erblichem Alzheimer spielen. Auch beim Menschen könnten negative Umwelteinflüsse das Alzheimer-Risiko und den Verlauf der Erkrankung beeinflussen. „Wenn Stress tatsächlich ein Auslöser für Alzheimer wäre, würde das neue Möglichkeiten eröffnen, die Krankheit zu verhindern oder
zumindest zu verzögern“, sagt Osborne Almeida. Darüber hinaus erhöht Stress die Anfälligkeit für Depressionen. Das Tau- und Beta- Amyloid-Protein könnten also auch für diese Erkrankung von Bedeutung sein. (Journal of Neuroscience, 2011; 31(21):7840-7847)
(Max-Planck-Gesellschaft, 31.05.2011 – NPO)