Biologie

„Süß-Geschmack“ enträtselt

Paradox: Bestimmte Süßstoffe blockieren die Wahrnehmung von süßem Geschmack

Wasser schmeckt süß, wenn es im Mund Hemmstoffe wegspült, welche die Süßgeschmacks-Rezeptoren blockieren. Paradoxerweise zählen auch die Süßstoffe Saccharin und Azesulfam K zu diesen Hemmstoffen, wie jetzt ein deutsch-amerikanisches Wissenschaftlerteam herausgefunden hat. Die Studienergebnisse könnten für die Entwicklung neuer Zuckeraustauschstoffe hilfreich sein oder dazu beitragen, bekannte Süßstoffe wirksamer einzusetzen.

{1l}

In geringen Konzentrationen schmecken Saccharin und Azesulfam K sehr süß. Bei hohen Dosen nimmt ihr Süßgeschmack jedoch stark ab und ein bitterer Nachgeschmack entsteht. Spült man den Mund dann mit Wasser aus, so kehrt sich das Geschmacksempfinden wieder um und man nimmt einen sehr intensiven, süßen "Wasser-Geschmack" wahr.

Aktivierung des Bittergeschmacks

Bereits im vorletzten Jahr konnten Wissenschaftler vom Deutschen Institut für Ernährungsforschung Potsdam-Rehbrücke (DIfE) um Wolfgang Meyerhof zeigen, dass beide Süßstoffe bestimmte Bittergeschmacks-Rezeptoren aktivieren und somit einen bitteren Nachgeschmack verursachen können. Nun fanden die Forscher auch eine Erklärung für das Phänomen des „Süßwasser-Geschmacks“: Saccharin und Azesulfam K können Süßgeschmacks-Rezeptoren aktivieren aber auch hemmen. Doch wie ist dies möglich?

Die in der Fachzeitschrift Nature online publizierten Studienergebnisse liefern Beweise für das Vorhandensein von zwei unterschiedlichen Saccharin-Bindungsstellen am Rezeptormolekül. Mit ihm wird der Rezeptor, vereinfacht ausgedrückt, "an-"

oder "ausgeschaltet". An die erste Bindungsstelle, die den Rezeptor "anschaltet", bindet Saccharin bereits in geringen Konzentrationen sehr leicht. Ist der Rezeptor "angeschaltet", nehmen wir einen süßen Geschmack wahr.

Von bitter zu süß

Wenn nun die Süßstoffkonzentration steigt, das heißt sehr viele Saccharinmoleküle vorhanden sind, besetzen sie auch die zweite Bindungsstelle. Diese Bindung ändert nun die räumliche Anordnung des Rezeptors, und "schaltet ihn aus" – der Süßgeschmack verschwindet. Spült man die meisten Süßstoffmoleküle wieder mit Wasser weg, bleiben nur noch die an der ersten Bindungsstelle relativ fest gebundenen übrig. Der Rezeptor ist somit wieder "angeschaltet" und wir haben den Eindruck Wasser schmeckt "süß".

"Auch andere Substanzen wie Magnesiumsulfat oder Laktisol, die selbst nicht süß schmecken aber zu den Süßgeschmacks-Blockern zählen, verleihen nach einem ähnlichen Prinzip Wasser einen süßen Geschmack", so Geschmacksforscher Bernd Bufe vom DIfE "Es wäre daher denkbar, anhand des Süßwassergeschmacks weitere Substanzen zu identifizieren, die die Süßgeschmacks-Rezeptoren hemmen. Neue Hemmstoffe könnten beispielsweise für die Lebensmittelindustrie interessant sein."

(idw – Deutsches Institut für Ernährungsforschung Potsdam-Rehbrücke, 25.04.2006 – AHE)

Keine Meldungen mehr verpassen – mit unserem wöchentlichen Newsletter.
Teilen:

In den Schlagzeilen

News des Tages

Skelett eines ungeborenee Kindes

So entstehen die Knochen des ungeborenen Kindes

Astronomen entdecken jüngsten Transit-Planet

Mehr Blackouts durch Wind- und Sonnenstrom?

Parkinson: Wenn mehr Dopamin mehr Zittern bedeutet

Diaschauen zum Thema

keine Diaschauen verknüpft

Dossiers zum Thema

Duft - Von der Nase ins Gehirn

Bücher zum Thema

Eine kurze Reise durch Geist und Gehirn - von Vilaynur S. Ramachandran

Nahrungsmittel- Allergien - Ratgeber von Claudia Thiel

Die Suppe lügt - Die schöne neue Welt des Essens von Hans-Ulrich Grimm

Top-Clicks der Woche