Neurobiologie

Taugen Hirnscans als Lügendetektor?

Flunkertest per Blick ins Gehirn lässt sich leicht manipulieren

L+gner
Gewiefte Lügner können sogar Hirnscans als Lügendetektoren austricksen. © SIphotography/ iStock.com

Bewusste Täuschung: Hirnscans gelten als mögliche Alternative zum klassischen Lügendetektor – doch auch diese Methode ist fehleranfällig. Denn schon mit einfachen Tricks lässt sich die Gehirnaktivität gezielt beeinflussen, wie nun Experimente enthüllen. Auf diese Weise können Lügner das Testergebnis manipulieren und ihre Flunkerei vor den Anwesenden erfolgreich verbergen, berichten Forscher.

Lügen gilt in den meisten Gesellschaften als unmoralisch – dennoch tun wir Menschen es immer wieder. Das Spektrum der Flunkereien reicht dabei von der harmlosen Notlüge, über die Schummelei bei der Steuererklärung bis hin zum großen korrupten Geschäft oder dem Meineid vor Gericht. Doch wie lassen sich Lügner enttarnen? Bei der Strafverfolgung wird oft versucht, Lügen anhand von verräterischen Verhaltensweisen und physiologischen Auffälligkeiten auf die Schliche zu kommen.

So soll zum Beispiel das seitliche Wegschauen oder ein häufiger Griff an die Nase eine Unwahrheit verraten. Außerdem können starkes Schwitzen, ein gesteigerter Puls oder Veränderungen der Gesichtstemperatur Indizien fürs Lügen sein. Das Problem: All diese Methoden sind fehleranfällig und gerade geübte Lügner schaffen es oft, ihr Flunkern auch vor Lügendetektoren erfolgreich zu verbergen.

Lügen zeigen sich im Gehirn

Auf der Suche nach verlässlichen Alternativen ist inzwischen die Lügendetektion per Blick ins Gehirn in den Fokus von Forschern gerückt. Demnach werden beim Lügen bestimmte Gehirnbereiche verstärkt aktiv – ein Phänomen, das sich mittels funktioneller Magnetresonanztomographie (fMRT) beobachten lässt. Doch ist diese Technik wirklich so gut vor Manipulationen gefeit wie gedacht?

Wissenschaftler um Chun-Wie Hsu von der University of Plymouth sind dieser Frage nun nachgegangen. Dafür führten sie mit einer Gruppe von 20 Freiwilligen den sogenannten Concealed-Information-Test durch. Dieser Test basiert auf der Annahme, dass sich Personen, die etwas verbergen, verraten, wenn sie mit ihrem Geheimnis konfrontiert werden. Wird dem Dieb eines Diamantrings beispielsweise eine Liste von Gegenständen gezeigt, unter denen auch der Ring ist, wird er auf diesen stärker reagieren als auf die Kontrollobjekte.

Strategien gegen die Enttarnung

Die in diesem Fall zu beobachtenden Auffälligkeiten der Hirnaktivität beruhen zum einen darauf, dass das Gehirn den fraglichen Gegenstand wiedererkennt. Zum anderen zeichnet sich in den Messdaten auch die Anstrengung ab, genau dieses Erkennen vor den Anwesenden verbergen zu wollen. Für den entscheidenden Test wurden den Probanden jedoch zwei Tricks beigebracht, um den verräterischen Aktivitäten ihres Denkorgans entgegenzuwirken.

Die erste Strategie: Um zu verschleiern, was sie zuvor in einem Umschlag verborgen gesehen hatten, sollten die Teilnehmer versuchen, mit den gezeigten Kontrollobjekten persönliche Erinnerungen zu verknüpfen – und sie so im Gehirn signifikanter erscheinen zu lassen. Alternativ wurde ihnen empfohlen, sich auf die oberflächlichen Eigenschaften ihres „geheimen“ Objekts zu besinnen und es damit weniger wichtig zu machen.

Erfolgreich manipuliert

Tatsächlich zeigte sich: Durch diese Vertuschungsversuche war es wesentlich schwieriger, anhand der Hirnscans das Geheimnis der Probanden zu lüften. Konkret sank die Treffsicherheit der Methode dadurch um rund 20 Prozent, wie das Team berichtet. „MRT-Tests gelten als Möglichkeit, um im wissenschaftlichen oder kriminologischen Kontext zu erkennen, wenn jemand Informationen verheimlicht. Unsere Studie zeigt aber, dass dieser Prozess manipuliert werden kann“, konstatiert Hsu.

„Keiner unserer Probanden war ein notorischer Lügner oder Krimineller. Es handelte sich um ganz normale Leute mit durchschnittlichen Erfahrungen beim Lügen“, betont die Forscherin. „Bevor also auch nur annähernd darüber nachgedacht werden kann, diesen Test für die Strafverfolgung zu nutzen, müssen wir Wege finden zu erkennen, wenn jemand solche Manipulationsstrategien anwendet.“ (Human Brain Mapping, 2019; doi: 10.1002/hbm24567)

Quelle: University of Plymouth

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