Tierischer Rekord: Das Weibchen eines Tiefsee-Oktopus bebrütet ihre Eier viereinhalb Jahre lang – so lange wie kein anderes Tier auf der Welt. Das stellten Meeresbiologien bei Tauchgängen im Pazifik fest. Schlüpfen die Jungkraken dann endlich, stirbt das Weibchen. Diese extreme Anpassung macht aber biologisch durchaus Sinn: Denn die jungen Oktopusse sind dadurch beim Schlupf schon enorm weit entwickelt.
Die Bewohner der Tiefsee haben oft skurrile Strategien entwickelt, um in ihrem extremen Lebensraum zu überleben. Denn Kälte, Dauerdunkel und knappes Futter schaffen alles andere als ideale Bedingungen. Die Bewohner dieser unwirtlichen Region zu beobachten, ist alles andere als einfach. Menschen oder Tauchboote können immer nur zu Stippvisiten in die dunklen Tiefen hinabtauchen.
Oktopus-Nest an der Canyonwand
Doch dem Biologen Bruce Robison vom Monterey Bay Aquarium Research Institute (MBARI) und seinen Kollegen kam ein glücklicher Zufall zu Hilfe: Im Mai 2007 schickten sie einen ferngesteuerten Tauchroboter zu einem Routinebesuch in den Monterey Canyon, eine Tiefseeschlucht direkt vor der Kalifornischen Küste. Auf einem Felsvorsprung in 1.400 Metern Tiefe entdeckten sie dabei einen Tiefsee-Oktopus (Graneledone boreopacifica). Diese im Nordpazifik und Atlantik häufige Krakenart ist knapp zehn Zentimeter lang und rötlich-braun gefärbt.
Nähere Beobachtungen zeigten, dass es sich um ein Weibchen handelte, das einen Klumpen ihrer Eier bewachte. Zunächst erschien dies nicht sonderlich auffällig. Von vielen Oktopusarten ist bekannt, dass die Weibchen nur ein einziges Mal in ihrem Leben einen Satz Eier legen. Diese werden von der Mutter intensiv umsorgt: Sie fächelt ihnen frisches Wasser zu und bleibt ständig in der Nähe, um zu verhindern, dass andere Tiefseebewohner die Eier wegfressen. Für die Oktopus-Weibchen ist das Betreuen ihres Geleges daher ein Fulltime-Job.