Biologie

Tigerpythons mit Riesenmaul

Invasive Riesenschlangen können noch größere Beute verschlingen als gedacht

Tigerpython frisst Hirsch
Dieser Tigerpython in Florida verschlingt gerade einen Weißwedelhirsch im Ganzen. Das demonstriert, wie dehnbar das Maul dieser Riesenschlangen ist. © Ian Bartoszek/Conservancy of Southwest Florida

Große Klappe: Die nach Florida eingeschleppten Tigerpythons können noch größere Beute verschlingen als angenommen, wie Biologen ermittelt haben. Messungen bei drei besonders großen Exemplaren dieser invasiven Riesenschlangen ergaben, dass sie ihr Maul bis zu 26 Zentimeter weit aufreißen können und selbst Beute nahe dieser maximalen Maulöffnung nicht verschmähen. Damit sind die Tigerpythons selbst für die Hirsche der Everglades eine reale Bedrohung.

Pythons gehören wie die Anakondas und Boas zu den größten Schlangen der Welt. Anders als Giftschlangen nutzen diese Riesenschlangen ihre Kraft und enorme Körperlänge, um ihre Beute zu überwältigen, ihr die Luft abzudrücken und sie dann am Stück zu verschlingen. Möglich wird dies, weil ihre Kieferknochen elastisch miteinander verbunden sind – das Schlangenmaul ist dadurch extrem dehnbar.

Was ist die maximal Beutegröße einer Python?

Besonders berüchtigt unter den Riesenschlangen ist der Dunkle Tigerpython (Python bivittatus), weil diese invasive Art sich nach illegaler Auswilderung rasant in den Everglades-Sümpfen im US-Bundestaat Florida ausgebreitet hat. Dadurch wurden die Bestände vieler heimischer Tiere, darunter Waschbären, Opossums, Rehe und Alligatoren dezimiert. Einige seltene Arten wie die Key-Largo-Buschratte sind seither im geschützten Sumpfgebiet kaum mehr zu finden.

Wenn Biologen wissen, wie groß die Beute der Tigerpythons maximal sein kann, können sie abschätzen, wie sich das Fressverhalten der Schlangen auf die Tierpopulationen in von der invasiven Art neu erschlossenen Gebieten auswirken könnte. Doch bisher war unklar, wo die maximale Beutegröße für einen Tigerpython liegt. Messungen der maximalen Maulöffnung wurden nur bei kleineren Exemplaren dieser Riesenschlangen durchgeführt, wie Bruce Jayne von der University of Cincinatti und seine Kollegen berichten.

„Große Pythons von mehr als 4,80 Meter Länge sind sehr selten: Von den mehr als 9.000 bisher in Florida gefangenen Pythons erreichten weniger als ein Prozent diese extreme Größe“, erklärt Jayne.

Ein Weißwedelhirsch zum Mittagessen

Deshalb haben die Biologen in den letzten beiden Jahren gezielt nach besonders großen Exemplaren des invasiven Tigerpythons in Südflorida gesucht – und wurden fündig. Sie fingen drei Pythons mit Körperlängen zwischen 4,50 und 5,79 Metern. Das dritte Exemplar war das längste je in Florida entdeckte, wie das Team berichtet. Einen der Tigerpythons erwischten die Forscher dabei, wie er gerade den Rest eines Weißwedelhirschs verschlang.

„Ein invasives Spitzenraubtier dabei zu beobachten, wie es ein ausgewachsenes Reh vor einem verschlingt, ist etwas, das man nie vergessen wird“, sagt Koautor Ian Bartoszek von der Organisation Conservancy South. Um herauszufinden, wie weit ein solcher Tigerpython sein Maul maximal öffnen kann, testen die Forscher dies bei den drei toten Pythons mit einem Dehntest. Dafür druckten die Forscher mit dem 3D-Drucker Zylinder in verschiedenen Größen aus und schoben diese vorsichtig in das dehnbare Maul der Schlangen. Sie testeten, wie groß der Zylinder höchstens sein darf, bevor er das Maul der Pythons beschädigt.

Forscher mit zwei aufgespannten Schlangenköpfen
Schlangenforscher Bruce Jayne zeigt die Größe der Pythonmäuler im Vergleich zu seinem Kopf. © Bruce Jayne

Maulöffnung größer als gedacht

Das Ergebnis: Das Maul des Tigerpythons konnte selbst einen Zylinder von 26 Zentimeter Durchmesser noch schadlos umschließen. Das sind vier Zentimeter mehr als frühere Studien anhand von hochgerechneten Messdaten kleinerer Exemplare ermittelt hatten. „Das hört sich nicht nach viel an – nur 18 Prozent größer. Aber die Gesamtfläche der Maulöffnung nahm um satte 40 Prozent zu,“ erklärt Jayne.

Das Maul des größten Pythons umschloss noch einen Umfang von mehr als 81 Zentimetern – das entspricht der mittleren Taillenweite einer Damenjeans. Das bedeutet: Die Schlange, die vor den Augen der Forscher einen Hirsch gefressen hatte, füllte mit dem Beutetier 93 Prozent ihrer größtmöglichen Maulöffnung aus.

„Nur die Spitze des Eisbergs“

Nach Ansicht von Jayne und seinem Team demonstriert dies, welche Bedrohung die invasiven Tigerpythons für das Ökosystem der Everglades sind. „Die Auswirkungen des Dunklen Tigerpythons auf die heimischen Wildtiere sind nicht zu leugnen“, sagt Jayne. Allein in den letzten Jahren haben er und sein Team 770 große Pythons aus dem geschützten Sumpfgebiet gefangen und getötet – jeder von ihnen war groß genug, um ein Hirschkitz zu verschlingen.

Wenn jede dieser Riesenschlangen nur einen Hirsch der für sie möglichen Maximalgröße vertilgt hätte, wären dies mehr als 5,8 Tonnen Beute, wie Jayne erklärt. „Das ist nur die Spitze des Eisbergs dieses gewaltigen Einflusses auf die Beutepopulationen in Florida“, sagt er. Entsprechend intensiv seien die Bemühungen, die Ausbreitung der invasiven Pythons in Florida zu stoppen.“ (Reptiles & Amphibians, 2024; doi: 10.17161/randa.v31i1.21867)

Quelle: University of Cincinnati

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