Doppelter Tod: Vor rund 200 Millionen Jahren griff ein Tintenfisch einen großen Fisch frontal an und zerquetschte ihn mit seinen Fangarmen – mit tödlichen Folgen für den Fisch. Doch auch der Tintenfisch überlebte diesen Angriff nicht, wie die im Tod vereinten Fossilien beider Tiere belegen. Die in Südengland entdeckten Relikte sind die ältesten Zeugnisse eines solchen Angriffs, wie die Paläontologen berichten.
Ob Beutejagd, Revier Kampf oder Raubsaurier-Duell: Immer wieder geben Fossilfunde spannende Einblicke auch in die tödliche Seite der urzeitlichen Lebenswelt. Bisspuren, abgebrochene Zähne oder auch ineinander verknäulte Skelette zeugen von heftigen Angriffen und gescheiterten Jagden.
Tod durch Zerquetschen
Ein besonders dramatisches Beispiel für einen urzeitlichen Kampf haben nun Paläontologen um Malcolm Hart von der University of Plymouth entdeckt. Bei der Untersuchung eines schon im 19. Jahrhundert an Südküste Englands gefundenen Fossils entpuppte sich der im Kalkstein verborgenen Fund als Relikt gleich zweier Tiere, die vor rund 200 Millionen Jahren starben – im Todeskampf vereint.
Das erste Fossil stammt von Clarkeiteuthis montefiorei, einem urzeitlichen Tintenfisch, der dafür bekannt ist, dass er Fische jagte. Ihm frontal gegenüber liegt ein rund 20 Zentimeter großer Fisch, der noch im Tod von zwei zahnbesetzten Fangarmen des Tintenfischs umschlungen wird. „Die beiden Arme liegen beiderseits des Fischkörpers direkt neben den Kiemen“, berichtet Hart. „Die Knochen im Kopf des Fisches sind auf eine Weise zerbrochen, die auf einen ziemlich heftigen Angriff hindeuten.“
Warum starb der Tintenfisch?
Was hat sich damals zwischen diesen beiden Bewohnern des Mura-Meeres abgespielt? Und warum sind dabei beide gestorben? Die Paläontologen rekonstruieren die Geschehnisse so: Der Tintenfisch hat den im Gegensatz zu seiner üblichen Beute ungewöhnlich großen Fisch offenbar frontal angegriffen. Durch Umklammern mit den Fangarmen versuchte der Räuber dann offenbar, seine Beute zu überwältigen, was ihm gelang. Der Schädel des Fisches brach und das Tier starb.
Nun folgt der rätselhafte Teil des Ereignisses – der Tod des Tintenfischs. Hart und sein Team halten dafür zwei Szenarien für möglich. Zum einen könnte der Tintenfisch sich an seiner eigentlich zu großen Beute buchstäblich verschluckt haben. Der Fisch verkantete sich so in seinem Maul, dass der Kopffüßer daran erstickte.
Die andere Möglichkeit wäre ein Tod durch Sauerstoffmangel: Abgelenkt von seinem Kampf mit der Beute sank der Tintenfisch zum Meeresgrund und geriet dabei in eine bodennahe, sauerstoffarme „Todeszone„. Dort erstickte der Kopffüßer und wurde dann mitsamt seiner Beute im Schlamm begraben und konserviert.
„Einzigartiges Zeugnis“
„Was auch immer die Todesursache für dieses Exemplar war – es ist ein höchst ungewöhnliches, wenn nicht sogar einzigartiges Fossil“, sagt Hart. Denn Zeugnisse urzeitlicher Beutejagden sind schon per se selten. In diesem Falle aber sei dies der älteste Fund, der einen direkten Angriff eines Tintenfischs auf einen so großen Fisch zeige. Der Todeskampf von Räuber und Beute blieb fast 200 Millionen Jahre unbeschadet im Küstengestein erhalten. (Proceedings of the Geologists‘ Association, in press; EGU General Assembly 2020, doi: 10.5194/egusphere-egu2020-1466)
Quelle: University of Plymouth