Medizin

Trennung der Eltern erhöht Allergierisiko bei Kindern

Stress in der Kindheit beeinflusst das Immunsystem nachhaltig

Kind beim Allergietest © André Künzelmann/UFZ

Ein Umzug oder die Trennung der Eltern kann bei Kindern das Risiko deutlich erhöhen, später an einer Allergie zu erkranken. Das geht aus einer Langzeitstudie über Zusammenhänge zwischen Lebensstil, Immunsystem und Allergien hervor. Wissenschaftler fanden erhöhte Blutkonzentrationen eines Stresspeptides, das eine Vermittlerrolle zwischen Stressereignissen und der Immunregulation spielt.

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Stressereignisse in der Kindheit stehen zunehmend im Verdacht, eine große Rolle bei der späteren Entwicklung von Asthma, Hautkrankheiten oder allergischen Sensibilisierungen zu spielen. Dramatische Lebensereignisse wie der Tod eines Angehörigen, schwere Erkrankungen eines Familienmitgliedes oder

die Trennung der Eltern, aber auch harmlose Ereignisse wie beispielsweise ein Umzug stehen im Verdacht, das Allergie-Risiko bei betroffenen Kindern zu erhöhen. Offenbar spielt das Immunsystem eine Vermittlerrolle zwischen Stress auf der einen Seite und allergischen Krankheiten auf der anderen Seite. Die zugrunde liegenden Mechanismen galten aber lange Zeit als ungeklärt.

Sechsjährige und ihre Familien im Mittelpunkt

Jetzt haben Wissenschaftler vom Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung in Leipzig (UFZ), vom Helmholtz Zentrum München und vom Institut für umweltmedizinische Forschung (IUF) im Rahmen einer epidemiologischen Studie (LISA), stressbedingte Faktoren mit Einfluss auf das Immunsystem identifiziert. Für die LISA-Studie wurden zwischen Ende 1997 und Anfang 1999 über 3.000 neugeborene Kinder in den Städten München, Leipzig, Wesel und Bad Honnef rekrutiert. Die Eltern wurden wiederholt zu verschiedenen familiären und gesundheitlichen Parametern befragt. Im sechsten Lebensjahr wurden insgesamt 565 Kinder in Leipzig untersucht, bei 234 Teilnehmern wurden Blutanalysen zu Neuropeptiden und Immunparametern durchgeführt.

Parallel zu Blutuntersuchungen analysierten die Forscher gemeinsam mit Kollegen vom Institut für Sozialmedizin der Universität zu Lübeck auch verschiedenste soziale Faktoren im Umfeld der Kinder, um auslösende Faktoren für stressbedingte Fehlregulationen des Immunsystems herauszufinden. Im Laufe der 6-Jahres-Untersuchung war fast ein Drittel der Leipziger Studienfamilien von Arbeitslosigkeit betroffen. Bei etwa der Hälfte aller Familien traten schwere Erkrankungen naher Angehöriger auf. Todesfälle bei Angehörigen oder die Trennung der Eltern betrafen dagegen nur jedes sechste beziehungsweise zehnte Kind.

Trennung mehr Effekt als Tod und Krankheit

Bei Kindern, deren Eltern sich innerhalb des letzten Jahres getrennt hatten, fanden die Forscher erhöhte Blutkonzentrationen des Neuropetides VIP (Vasoaktives intestinales Peptid) sowie erhöhte Konzentration von Immunmarkern, die mit der Auslösung allergischer Reaktionen verbunden sind,

wie das Zytokin IL-4. Schwere Krankheiten oder der Tod von nahen Verwandten führten dagegen zu keinen auffälligen Veränderungen. Auch Arbeitslosigkeit der Eltern war nicht mit erhöhten Stresspeptidkonzentrationen im Blut der Kinder assoziiert. So tragisch diese Ereignisse auch sind, offenbar sind sie jedoch für die Stressreaktionen von Kindern von geringerer Bedeutung als

beispielsweise eine Trennung oder Scheidung der Eltern, schlussfolgern die UFZ-Forscher.

Wie bereits in einer frühen Arbeit aus der gleichen Studie gezeigt wurde, können auch nach einem Umzug, ebenso wie bei Trennung der Eltern, erhöhte Konzentrationen des Stresspeptides VIP im Blut der Kinder nachgewiesen werden. Vorangegangene Untersuchungen in LISA zeigten, dass es einen Zusammenhang zwischen einer erhöhten Konzentration unter anderem des Neuropeptides VIP und allergischen Sensibilisierungen bei sechsjährigen Kindern gibt.

Auch wenn die Ergebnisse wegen der vergleichsweise geringen Anzahl an betroffenen Kindern vorsichtig interpretiert werden sollten, so geben sie nach Ansicht der Wissenschaftler doch wertvolle Hinweise darauf, was genau durch Stress im Körper passiert.

(Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung – UFZ, 19.06.2008 – NPO)

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