Effizienter Räuber: Tyrannosaurier waren perfekt angepasste Jäger – aber keine Supersprinter. Während einige kleinere Raubsaurier durch lange Hinterbeine auf Tempo getrimmt waren, brachte die gleiche Biomechanik den großen Tyrannosauriern vor allem mehr Effizienz. Sie liefen langsamer, verbrauchten dabei aber weniger Energie – und konnten so ausdauernder und sparsamer jagen als andere, gleichgroße Raubsaurier, wie Forscher im Fachmagazin „PLOS ONE“ berichten.
Der Tyrannosaurus rex war einer der größten Dinosaurier der Kreidezeit – und ein furchterregender Jäger. Der bis zu 13 Meter lange und sieben Tonnen schwere Raubsaurier besaß Zähne so scharf wie Steakmesser und konnte mit seiner ungeheuren Bisskraft selbst dicke Knochen knacken. Dank seiner langen Hinterbeine und eines eher kurzen Körpers war der T.rex zudem sehr wendig.
Wie schnell rannte der T.rex?
Doch wie schnell waren die Tyrannosaurier unterwegs? Frühere Studien haben dem großen Raubsaurier immerhin ein Lauftempo von rund 28 Stundenkilometern zugesprochen – etwas schneller als ein rennender Mensch. Gleichzeitig weiß man jedoch, dass die Geschwindigkeit von sehr großen Tieren durch ihre Körpermasse eingeschränkt wird. Biomechanischen Schätzungen zufolge konnten daher kleinere Theropoden wie der Velociraptor deutlich schneller rennen als ihr großer Verwandter.
Das allerdings wirft eine Frage auf: Warum hatten die Tyrannosaurier dann so lange, scheinbar auf Tempo getrimmte Hinterbeine? Denn Vermessungen von Fossilien zeigen, dass die Unterschenkel der Raubsaurier einen relativ großen Anteil an der Gesamtlänge des Beines einnahmen. Biomechanisch gilt dies als Indiz für ein hohes Maximaltempo. „Gängiger Annahme nach sind Tiere mit diesen Anpassungen an ein schnelles Laufen angepasst“, erklärt Koautor Thomas Holtz von der University of Maryland.
Lange Beine, aber trotzdem eher langsam
War der T. rex nun ein Sprinter oder nicht? Um dies zu beantworten, haben Holtz, Erstautor Alexander Dececchi vom Mount Marton College in South Dakota und ihr Team die Beinlängen, Körpergrößen und das Gewicht von mehr als 70 Theropoden-Arten ausgewertet. Die Spanne ihrer Größen reichte von kaum hundegroß bis zu den tonnenschweren Giganten unter diesen Fleischfressern. Diese Werte setzten sie dann in Bezug zum Energieverbrauch dieser Tiere bei der Fortbewegung und ihrer Beutegröße.
Das Ergebnis bestätigt: Längere Hinterbeine und allgemein Anpassung an das schnellere Laufen bringen nur bis zu einer bestimmten Größe etwas. Etwa bis zu einer Tonne Körpergewicht nahm das maximale Lauftempo der Raubsaurier mit ihrer Größe und der Länge der Hinterbeine zu, dann aber nicht mehr. Das aber bedeutet: „Tyrannosaurier und einige andere große Raubsaurier profitierten in puncto Lauftempo nicht von ihren längeren Hinterbeinen, sie hatten deren maximales Potenzial schon ausgeschöpft“, so die Forscher.
Auf Effizienz getrimmt
Aber wozu waren die langen Hinterbeine dann gut? Eine Antwort liefert die Energiebilanz dieser Dinosaurier: „Unsere Ergebnisse zeigen, dass die Tyrannosaurier im Vergleich zu anderen, gleichgroßen Raubsauriern signifikant geringere Fortbewegungskosten hatten“, berichten Dececchi und sein Team. Die Tyrannosaurier verbrauchten dadurch beim Herumlaufen und der Beutejagd zwischen zwei und 35 Prozent weniger Energie als andere Raubsaurier ihrer Größe.
„Das ist ein erheblicher Vorteil, weil Prädatoren einen großen Teil ihrer Zeit damit verbringen, nach Beute zu suchen“, erklärt Holtz. „Tyrannosaurus war demnach eher ein Marathonläufer als ein Sprinter.“ Die Tyrannosaurier könnten allein durch ihre effizientere Fortbewegungsweise pro Tag immerhin zwei bis 16 Kilogramm Fleisch weniger benötigt haben als gleichgroße, nicht so gut angepasste Läufer, wie die Forscher errechnet haben.
An wendige Beute angepasst
Dass unter den großen Fleischfressern gerade der Tyrannosaurus ein hocheffizienter Läufer war, ist ebenfalls kein Zufall: Andere große Raubsaurier wie der Allosaurus oder Carcharodontosaurus jagten vor allem die großen Sauropoden – gigantische, aber eher träge Pflanzenfresser, die größer waren als ihre Räuber. Um sie zu töten benötigten diese Raubsaurier zwar Kraft, aber eher wenig Ausdauer oder Raffinesse, wie die Paläontologen erklären.
Tyrannosaurier dagegen waren auf deutlich kleinere, wendiger Beute spezialisiert, darunter Entenschnabel-Dinosaurier oder die wehrhaften Ceratopsiden, wie Dececchi und seine Kollegen erklären. Um diese Beute erfolgreich zu jagen, benötigte der Tyrannosaurus vor allem Ausdauer. Ähnlich wie heute Wölfe oder Löwen folgte er zunächst den Herden dieser Dinosaurier, um dann in einem kurzen Sprint ein Tier abzusondern und zu erlegen. Wahrscheinlich jagte der T. rex dabei nicht allein, sondern im Familienverbund oder in kleinen Gruppen, wie Fossilfunde nahelegen.
„Das stützt die Annahme, dass die Tyrannosaurier nicht nur die Top-Prädatoren der Kreidezeit-Ökosysteme waren – sie gehörten auch zu den versiertesten Jägern unter den großen Raubsauriern“, konstatieren die Forscher. (PLOS ONE, 2020; doi: 10.1371/journal.pone.0223698)
Quelle: PLOS, University of Maryland