Außergewöhnlicher Rinderknochen: Der Knochen eines steinzeitlichen Hausrindes zeigt genetische Spuren eines europäischen Auerochsen. Diese Art spielte jedoch bei der Entwicklung der heutigen Rinderrassen eigentlich keine Rolle – dachte man bis jetzt. Der Fund wirft neue Fragen zur Geschichte des Hausrindes auf, wie Wissenschaftler aus der Schweiz berichten: Unklar ist vor allem, ob es sich bei der Kreuzung um gezielte Züchtung handelt.
Das heutige Hausrind ist die domestizierte Form des Auerochsen, einer Wildart, die im 17. Jahrhundert ausgestorben ist. Diese Domestizierung des Auerochsen begann bereits vor rund 10.000 im Nahen Osten. Von diesen domestizierten Tieren stammen auch die heutigen Rinderrassen ab, wie die DNA der Tiere zeigt: In ihrer mütterlicherseits vererbten mitochondrialen DNA (mtDNA) zeigen die Rinder eine genetische Signatur, die sie der sogenannten T-Haplogruppe zuordnet. Daraus lässt sich ableiten, dass sich zusammen mit der Viehzucht auch das domestizierte Hausrind aus dem Nahen Osten nach Europa verbreitete.
Die zur selben Zeit in Europa heimischen wilden Auerochsen gehörten dagegen zu einer anderen genetischen Gruppe, der P-Haplogruppe. Bisher gingen Wissenschaftler daher davon aus, dass diese Wildrinder genetisch keinen Einfluss auf die in der Jungsteinzeit, etwa 5.500 bis 2.200 vor Christus, eingeführten Hausrinder aus dem Nahen Osten hatten.
Zufall oder Zucht?
Diese Ansicht könnte sich nun allerdings ändern: Forscher der Universität Basel stießen eher zufällig auf den sehr kleinen Mittelhandknochen eines steinzeitlichen Hausrinds. Dessen Analyse brachte eine Überraschung: Die genetische Signatur entspricht der P-Haplogruppe der europäischen Auerochsen. Der Knochen stammt aus einer Sammlung von Funden aus einer steinzeitlichen Pfahlbausiedlung bei Twann am Bielersee in der Schweiz.