Duft gegen Asthma? Forscher haben auch in den Muskeln unserer Bronchien Riechrezeptoren entdeckt. Docken an ihnen die passenden Duftmoleküle an, ziehen sich die Bronchien entweder zusammen oder erweitern sich. Dabei zeigte sich: Einer der beiden Rezeptortypen reagiert so stark auf Bananen-Aprikosen-Duft, dass dies sogar einem Asthmaanfall entgegenwirken könnte. Das eröffnet neue Wege für eine mögliche „Dufttherapie“ gegen Asthma.
Wer glaubt, wir riechen nur mit unserer Nase, der irrt. Denn wie man heute weiß, kommen die für die Erkennung von Düften zuständigen Rezeptoren in unserem Körper auch anderswo vor. Forscher haben Riechrezeptoren bereits in Darm und Nieren, in der Prostata und vor kurzem auch in unserer Haut entdeckt. Sogar Spermien besitzen Sensoren für Maiglöckchenduft – ob sie allerdings wirklich ihm zur Eizelle folgen, ist umstritten.
Zwei Riechsensoren in den Bronchien
Jetzt haben Benjamin Kalbe von der Ruhr-Universität Bochum und seine Kollegen einen weiteren Ort im Körper entdeckt, an dem Riechzellen sitzen: in unseren Bronchien. Für ihre Studie hatten die Forscher Zellproben der glatten Muskulatur untersucht, die die Atemwege umgibt. Sie testeten dabei unter anderem, ob die Zellen auf bestimmte Duftstoffe reagieren.
Das überraschende Ergebnis: In den Muskelzellen der Bronchien gibt es sogar gleich zwei Typen von Riechrezeptoren, OR2AG1 und OR1D2. Diese spielen für die Funktion der Bronchien eine wichtige Rolle, wie die Forscher herausfanden. Denn wenn der jeweils passende Duft diese Rezeptoren aktiviert, ziehen sich die Atemwegsmuskeln zusammen oder dehnen sich. Dadurch aber erweitern oder verengen sich die Bronchien – und das ließe sich auch therapeutisch nutzen.
Bananen-Aprikosen-Duft gegen Atemnot
Konkret zeigte sich, dass der Rezeptor OR2AG1 auf Amylbutyrat reagiert, einen fruchtigen Duft nach Banane und Aprikose. Binden diese Duftmoleküle an die Andockstelle, setzt dies Signalkaskaden in Gang, die die Muskeln entspannen und die Bronchien erweitern. Im Experiment war dieser Effekt so stark, dass er sogar die Wirkung von Histamin aufheben konnte – dem Botenstoff, der bei allergischem Asthma die Bronchien verengt.
„Amylbutyrat könnte daher bei Asthma helfen, die Luftzufuhr zu verbessern“, sagt Hanns Hatt von der Ruhr-Universität Bochum. „Vermutlich kann es nicht nur den Effekten von Histamin entgegenwirken, sondern ebenso denen von anderen Allergenen, die das Atmen behindern.“ Auch für die Behandlung anderer Krankheiten, etwa der chronisch obstruktiven Lungenerkrankung (COPD), könne der Rezeptor interessant sein.
Asthma durch Maiglöckchenduft?
Der zweite in unseren Bronchien entdeckte Riechrezeptor OR1D2 reagiert auf Düfte mit blumigen, öligen Noten, etwa Lilial oder das als Maiglöckchenduft bekannte Bourgeonal, wie die Forscher herausfanden. Docken diese Duftmoleküle am Rezeptor an, passiert jedoch das Gegenteil wie bei OR2AG1: Die Bronchialmuskeln kontrahieren ähnlich stark wie bei einem Asthma-Anfall.
Nach Ansicht der Forscher könnte dieser Effekt erklären, warum manche Parfüms Asthmaanfälle hervorrufen oder verschlimmern können: Die Duftstoffe wirken auf den OR1D2-Rezeptor und verstärken so die Verengung der Bronchien. Zudem zeigte sich, dass dabei in den Zellen auch entzündungsfördernde Stoffe freigesetzt werden – dies fördert ebenfalls die Asthmasymptome. (Frontiers in Physiology, 2016; doi: 10.3389/fphys.2016.00339)
(Ruhr-Universität Bochum, 09.08.2016 – NPO)