Ob Hund, Pferd oder Mensch: Das Gesicht der Säugetiere unterscheidet sich von dem aller anderen Tiere auf der Erde. Denn wir alle besitzen eine vorstehende und teils bewegliche Nase – und diese Säuger-Schnauze ist eine einzigartige Neuerfindung der Evolution, wie Forscher anhand detaillierter Vergleiche herausgefunden haben. Demnach wechselten zwei Knochen im Kiefer bei unseren frühen Vorfahren ihren Platz und ihre Funktion und erschufen so die typische Säuger-Schnauze.
Auf den ersten Blick mag es kaum auffallen, aber die Gesichtspartie der Säugetiere unterscheidet sich in einem entscheidenden Details von dem der Reptilien, Vögel und anderen Landwirbeltieren: Bei all diesen Tiergruppen bildet der Oberkiefer die Spitze der Schnauze. Die Nase folgt leicht dahinter und besteht meist aus weniger mehr als paarigen Löchern.

Bewegliche Nase statt starrer Kieferspitze
Anders bei uns Säugetieren: Die Nase ist bei den meisten Säugern prominent ausgebildet, kann schnüffeln, zucken und andere Bewegungen ausführen und ragt oft über den Kiefer hinaus. Erst diese bewegliche Nase ermöglichte es unseren Säugetier-Vorfahren wahrscheinlich, ihren Geruchs- und Tastsinn erheblich zu verbessern und so ganz neue Lebensweisen und ökologische Strategien zu entwickeln. Doch wie die typische Säuger-Schnauze samt Nase im Verlauf der Evolution zustande kam und welchen anatomischen Ursprung sie hat, blieb bisher weitgehend ungeklärt.
„Bisher sah die Wissenschaft die Entwicklung der Gesichter von Reptilien und Säugetieren als relativ vergleichbar an“, erklärt Koautor Ingmar Werneburg von der Universität Tübingen. Dazu trug bei, dass die Schnauzenspitze bei beiden Tiergruppen vom Zwischenkieferknochen (Prämaxillare) gebildet wird – und damit einer auf den ersten Blick homologen Knochenstruktur. Stutzig machte die Anatomen allerdings schon länger, dass die Säuger-Schnauze von anderen Ästen der Gesichts- und Kiefernerven versorgt wird als bei Reptilien.