Verwandtschaft enträtselt: Trotz ihres Namens sind Pfeilschwanzkrebse keine Krebse, sondern eng mit Spinnen und Skorpionen verwandt. Wie nun genetische Analysen bestätigen, gehören die urtümlichen Wesen zu den Spinnentieren. Damit scheint die umstrittene Frage um die Abstammung dieser Meeresbewohner endlich geklärt zu sein. Gleichzeitig ergeben sich dadurch neue Fragen zur Evolutionsgeschichte der Arachnida, wie die Forscher berichten.
Sie werden so groß wie ein Pizzateller, haben zehn dünne Beine und blaues Blut: Die an der Atlantikküste Nordamerikas und an den Küsten Südostasiens heimischen Pfeilschwanzkrebse sind faszinierende Wesen. Die urtümlichen Tiere existieren in ähnlicher Form bereits seit 450 Millionen Jahren. Sie haben Eiszeiten überlebt und die Dinosaurier kommen und gehen sehen – und heute spielen sie eine wichtige Rolle für die Medizin. Denn ihr Blut kann bakterielle Verunreinigungen anzeigen. Es gerinnt, sobald es in Kontakt mit Toxinen der Mikroorganismen kommt.
Trotz dieser besonderen Bedeutung der Meeresbewohner konnten Wissenschaftler eines ihrer Geheimnisse bisher jedoch nicht lüften: In welche Position des evolutionären Stammbaums sind sie einzuordnen? Klar ist, dass Pfeilschwanzkrebse zum Stamm der Gliederfüßer (Arthropoden) gehören. Doch sind sie eher verwandt mit den Krebstieren, deren harten Panzer sie besitzen? Oder sind sie eine Schwestergruppe oder aber Teil der Klasse der Spinnen und Skorpione? Darauf deuten unter anderem die charakteristischen Merkmale ihrer Atemorgane hin.
Unklare Verwandtschaftsverhältnisse
Tatsächlich haben Studien in der Vergangenheit wiederholt nahegelegt, dass die „Krebse“ Spinnentiere (Arachnida) sind. „Viele Forscher hielten diese Ergebnisse jedoch für falsch und die Frage um die Verwandtschaftsverhältnisse wird bis heute kontrovers diskutiert“, berichtet Jesús Ballesteros von der University of Wisconsin in Madison. Um dies zu ändern, haben der Evolutionsbiologe und seine Kollegen nun noch einmal im Erbgut der lebenden Fossilien nach Antworten gesucht.
Für ihre Untersuchung analysierten die Wissenschaftler die vollständigen Genome von drei der vier heute lebenden Pfeilschwanzkrebsarten und verglichen diese mit den genetischen Informationen anderer Arthropoden-Spezies – darunter Wasserflöhe, Tausendfüßler und Weberknechte.
Krebse sind Spinnentiere
Die Ergebnisse bestätigten: Die Pfeilschwanzkrebse gehören tatsächlich zu den Spinnentieren. „Dass Pfeilschwanzkrebse den Arachnida angehören und nicht nur einer eng verwandten, aber unabhängigen Abstammungslinie, wirft ein völlig neues Licht auf die Entwicklungsgeschichte der Spinnentiere“, konstatiert Ballesteros.
Eines der spannenden Rätsel ist nun, warum die Pfeilschwanzkrebse anders als ihre Verwandten im Wasser leben. Wie die Forscher berichten, gibt es mit den Asselspinnen zwar spinnenähnliche Tiere, die im Meer heimisch sind – diese werden trotz ihres Namens aus evolutionsbiologischer Sicht jedoch nicht zu den Spinnentieren gerechnet. „Die große Frage ist, wie bei den Arachnida die Eroberung des Landes stattgefunden hat“, sagt Ballesteros.
Eine mögliche Erklärung ist, dass der gemeinsame Vorfahre alle Spinnentiere ein Meeresbewohner war und nur Spinnen, Skorpione und Co schließlich den Schritt an Land schafften – während die Vorfahren der Pfeilschwanzkrebse ihrem ursprünglichen Habitat treu blieben. Ein umgekehrter Weg wäre dem Forscherteam zufolge aber ebenso denkbar: Die Spinnentiere lebten bereits an Land, als die Pfeilschwanzkrebse eines Tages das Meer für sich eroberten. (Systematic Biology, 2019; doi: 10.1093/sysbio/syz011)
Quelle: University of Wisconsin Madison