Paläontologie

„Ur-Opa“ des Tyrannosaurus rex entdeckt

76 Millionen Jahre altes Fossil ist Missing Link der Tyrannosauriden-Evolution

Daspletosaurier
Der Daspletosaurus wilsoni könnte mehr über die Evolution der Tyrannosauriden verraten. © Rudolf Hima & Badlands Dinosaur Museum

Bindeglied: Das in den USA entdeckte Fossil eines Tyrannosauriers schließt eine Lücke im Familienstammbaum des Tyrannosaurus rex. Denn der vor 76,5 Millionen Jahren lebende Raubdinosaurier Daspletosaurus wilsoni könnte ein direkter Vorfahre des berühmten T. rex gewesen sein. Gleichzeitig klärt das Fossil die Verwandtschaftsverhältnisse zweier weiterer Daspletosaurus-Arten und belegt, dass sich die Stammeslinie zum Tyrannosaurus linearer entwickelte als bisher gedacht.

Der Tyrannosaurus rex ist nicht nur unter Kindern sehr beliebt, sondern gilt auch als einer der meistuntersuchten Raubsaurier der Kreidezeit. So waren etwa schon seine Stummelärmchen, die Größe seiner Augen oder seine Populationsdichte Thema der Forschung. Unklarheiten gibt es noch, was die Verwandtschaftsbeziehungen des T. rex angeht. So steht beispielsweise zur Debatte, ob ihm zugeordnete Skelette nicht in Wirklichkeit zu drei verschiedenen Arten gehören. Auch über seine wahrscheinlichsten Vorfahren, die Daspletosaurier, ist längst noch nicht alles bekannt.

Daspletosaurus wilsoni
So könnte „Sisyphos” ausgesehen haben. © Andrey Atuchin & Badlands Dinosaur Museum

Fleischfressender „Sisyphos“

Der Fund eines 76,5 Millionen Jahre alten Fossils könnte nun allerdings mehr über die Vorfahren des T. rex verraten. In der Judith-River-Formation im Nordosten Montanas haben Paläontologen eine neue Art aus der Familie der Tyrannosauriden entdeckt. Von der Daspletosaurus wilsoni getauften Dinosaurier-Spezies fanden sie Teile des Schädels und der Wirbelsäule, eine Rippe und einen Mittelfußknochen. Der Schädel des fossilen Tyrannosauriden war 1,05 Meter lang. Daraus lässt sich schließen, dass dieser Raubsaurier etwas kleiner war als der Tyrannosaurus rex.

Die Paläontologen Elías Warshaw von der Montana State University und Denver Fowler vom Badlands Dinosaur Museum in North Dakota haben das Fossil untersucht und ihm den Spitznamen „Sisyphos“ gegeben. Das verweist auf die „Sisyphos-Arbeit“, die ihre Kollegen bei der Ausgrabung leisteten. Um überhaupt zu den Skelettresten zu gelangen, mussten sie nämlich zunächst eine acht Meter dicke Gesteinsschicht abtragen.

Missing Link der Daspletosaurus-Linie

Doch die Mühen bei der Ausgrabung haben sich gelohnt: „Sisyphos“ verrät nämlich einiges über die Evolution der Tyrannosauriden. Als besonders auffällig beschreiben die Paläontologen die stacheligen Hörner um die Augen von Sisyphos, die an primitive Tyrannosauriden aus älteren Gesteinen erinnern.

Gleichzeitig weise der Raubsaurier aber auch Merkmale modernerer Arten – darunter des T. rex – auf, wie eine große Augenhöhle und erweiterte Lufttaschen im Schädel. Diese Kombination aus Alt und Neu macht den Daspletosaurus wilsoni laut Warshaw und Fowler zu einem „Missing Link“ der Tyrannosauriden-Evolution.

Abstammungslinie
Der Daspletosaurus wilsoni verbindet den Daspletosaurus torosus und den Daspletosaurus horneri. © Warshaw & Fowler/ PeerJ

Das neu entdeckte Fossil ist demnach eine Übergangsform zwischen zwei Daspletosaurus-Arten, dem Daspletosaurus torosus, der vor 77 Millionen Jahren lebte, und dem Daspletosaurus horneri von vor 75,6 Millionen Jahren. Zuvor war nicht klar, ob diese beiden Daspletosaurus-Arten voneinander abstammen oder sich parallel zueinander entwickelt hatten. Doch das nun entdeckte Bindeglied deutet laut den Forschern daraufhin, dass sie direkt miteinander verwandt waren und somit eine Entwicklungslinie bildeten, die vermutlich irgendwann zur Entstehung des Tyrannosaurus rex führte.

Dinosaurier-Evolution linearer als gedacht

Diese Art der Evolution, in der sich eine Ausgangsart direkt zu einer Nachfahrenart weiterentwickelt, bezeichnet man als Anagenese oder lineare Evolution. Die Familie der Tyrannosauriden reiht sich damit in eine wachsende Liste von Dinosauriern ein, bei denen es Hinweise auf eine solche Anagenese gibt. Das deutet laut Warshaw und Fowler daraufhin, dass lineare Evolution unter Dinosauriern weiter verbreitet war als bisher angenommen. (PeerJ, 2022, doi: 10.7717/peerj.14461

Quelle: Badlands Dinosaur Museum, Dickinson Museum Center

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