Geheimnisvolles Leuchten: Wird das Fell von Schnabeltieren von ultraviolettem Licht getroffen, leuchtet es in strahlendem Grün oder Cyan auf – es ist fluoreszierend, wie Forscher herausgefunden haben. Dies ist der erste Nachweis von Biofluoreszenz bei einem Kloakentier und damit einer besonders urtümlichen Gruppe der Säuger. Das könnte bedeuten, dass diese Fähigkeit bei mehr Säugetieren vorhanden ist als bislang vermutet.
Ob Quallen, Fische, Schmetterlinge oder Korallen: Das Phänomen der Biofluoreszenz ist in der Tierwelt nicht selten. Dieses Leuchten tritt auf, wenn bestimmte Moleküle in den Geweben und Zellen der Tiere durch kurzwelliges, energiereiches Licht angeregt werden. Sie geben dann die überschüssige Energie in Form von längerwelligem, farbigem Licht wieder ab. Besonders häufig kommt die Biofluoreszenz offenbar bei Meerestieren, Amphibien und auch einigen Reptilien wie dem Chamäleon vor.
Bei Säugetieren scheint diese Fähigkeit zum Leuchten dagegen eher die Ausnahme. Bislang war nur für Opossums und Gleithörnchen bekannt, dass sie unter UV-Licht fluoreszieren.
Leuchteffekt auch bei Schnabeltieren?
Ein Forscherteam um Paula Spaeth Anich vom Northland College in Wisconsin hat nun erstmals auch Schnabeltiere auf Biofluoreszenz hin untersucht. Diese eierlegenden Säugetiere gehören wie die Ameisenigel zu den Kloakentieren – einer urtümlichen, von den Plazentatieren und den Beuteltieren getrennten Gruppe der Säugetiere.
Für ihre Studie bestrahlten die Forscher das Fell von drei ausgestopften Exemplaren des in Australien heimischen Schnabeltiers Ornithorhynchus anatinus in einer Dunkelkammer mit UV-Licht von 385 bis 396 Nanometer Wellenlänge. Mithilfe der Fluoreszenzspektroskopie und durch Fotos ermittelten sie, wie gut das Fell diese Strahlung absorbiert und ob und was es wieder abstrahlt.
Schnabeltierfell leuchtet unter UV-Licht blau-grün
Das Ergebnis: Auch das Fell der Schnabeltiere fluoresziert. Unter dem für uns sichtbaren Licht erscheint ihr Pelz zwar einheitlich braun. Aber unter UV-Licht leuchtet das Fell dieser eierlegenden Säugetiere in Grün oder Cyanblau. Es strahlt die zuvor absorbierte Energie des UV-Lichts mit zeitlicher Verzögerung im Wellenlängen-Bereich von 500 bis 600 Nanometern wieder ab wie die Messungen ergaben.
„Unsere Beobachtungen sind der erste Bericht über Biofluoreszenz in einem eierlegenden Säugetier“, sagen Anich und ihre Kollegen. Damit scheint die Fähigkeit zur Biofluoreszenz in allen drei Unterklassen der Säugetiere vorzukommen – den Beuteltieren, den Plazentatieren und – wie die aktuellen Ergebnisse nun belegen – auch den Kloakentieren. „Die biofluoreszierenden Spezies verteilen sich zudem auf drei Kontinente und eine große Vielfalt an Ökosystemen“, erklären die Forscher.
Wozu dient das nächtliche Leuchten?
Doch wofür nutzen diese Tiere ihr Leuchten? Wie das Opossum oder das Flughörnchen sind auch die Schnabeltiere nachts sowie in der Morgen- und Abenddämmerung am aktivsten. Die Forscher vermuten daher, dass sich die Fähigkeit zur Absorption von UV-Licht und zur Biofluoreszenz bei diesen Säugetieren in Anpassung an schlechte Lichtverhältnisse entwickelt hat.
Eine denkbare Funktion des Leuchtens wäre die innerartliche Kommunikation, beispielsweise bei der Partnerwahl. Weil sie jedoch bei den Schnabeltieren keine geschlechtsspezifischen Unterschiede im Leuchten feststellen konnten, halten Anich und ihr Team diese Funktion für weniger wahrscheinlich. Stattdessen sehen sie den ökologischen Nutzen der Biofluoreszenz eher im zwischenartlichen Bereich:
„Viele nacht- und dämmerungsaktive Säugetiere scheinen einen UV-sensitiven Sehsinn zu besitzen“, erklären die Wissenschaftler. Daher könnte die gute UV-Absorption des Fells den Schnabeltieren dabei helfen, sie für Fressfeinde weniger sichtbar zu machen. Das Leuchten im sichtbaren Licht entstünde dann quasi als Nebenwirkung dieses Effekts.
Einblick in evolutionäre Wurzeln
Interessant ist der Fund auch hinsichtlich der Evolution der Biofluoreszenz bei den Säugetieren: „Man nimmt an, dass eierlegende Säugetiere sich vor mehr als 150 Millionen Jahren von der Beuteltier-Plazenta-Abstammungslinie abgezweigt haben“, erklärt Anich. „Es ist daher faszinierend zu sehen, dass auch Tiere, die so entfernt verwandt sind, biofluoreszierendes Fell haben“.
Ihrer Ansicht nach sprechen die Ergebnisse dafür, dass die Biofluoreszenz unter Säugetieren möglicherweise nicht so selten ist wie bisher angenommen. „Die Säugetiere-Biofluoreszenzen ist nicht auf wenige, eng verwandte Arten begrenzt, stattdessen taucht es quer durch den Stammbaum auf“, so die Forscher. „Das wirft die Frage auf, ob die Biofluoreszenz nicht sogar ein ursprüngliches Merkmal der Säugetiere ist.“ Ob das der Fall ist, müssen nun weitere Studien zeigen. (Mammalia, 2020, doi: 10.1515/mammalia-2020-0027)
Quelle: De Gruyter