Der Mai führt manches Paar zusammen. Schließlich ist der Wonnemonat für Spaziergänge im Sonnenschein und laue Abende im Straßencafe wie gemacht. Doch wenn der Lenz rosa Brillen verteilt, wirkt sich das auch auf unser Geschmacksempfinden aus. Dies haben jetzt deutsche Forscher entdeckt. In ihrer neuen Studie untersuchten sie den Geschmack der Verliebtheit – mit überraschenden Ergebnissen: Denn der hormonelle Ausnahmezustand sensibilisiert für die Geschmackswahrnehmungen „salzig“ und „sauer“. „Süß“ und „bitter“ dagegen werden nur vermindert empfunden.
„Denken Sie häufig an Ihren Partner/Ihre Partnerin, wenn sie getrennt sind? Macht es Sie glücklich, wenn Sie Ihrem Partner/Ihrer Partnerin eine Freude machen können?“ Mit Fragen dieser Art haben sich Wissenschaftler des ttz Bremerhaven anhand der so genannten „Passionate Love Scale“, einer international anerkannten Skala für die Ermittlung von Verliebtheit, zum Kern ihrer Untersuchung vorgetastet.
Gedämpfte Geschmacksempfindungen bei Verliebten
Sie wollten wissen, ob die 59 Probanden – 43 Frauen und 16 Männer -, die einen passenden Wert auf der Verliebtheitsskala erzielten und sich selbst als verliebt bezeichneten, Geschmack anders wahrnehmen als nicht verliebte Probanden. 31 Testpersonen fielen am Ende in die Kategorie „Frisch verliebt“, weil sie die geliebte Person weniger als sechs Monate kannten. Die restlichen 28 Teilnehmer befanden sich schon länger in einer glücklichen Beziehung.
Der Wert 105 auf der Passionate Love Scale wurde als Grenzmarke für die Einteilung der Gruppen in „sehr verliebt“ und „weniger verliebt“ gewählt. Deutliche Unterschiede zeigten sich nach den Ergebnissen der Wissenschaftler in der Wahrnehmung einzelner Geschmacksrichtungen: Die sehr verliebten Probanden reagierten auf den Bitterreiz auffallend unempfindlich. Auch den Süßreiz erkannten sie vielfach erst in höherer Konzentration als die andere Gruppe.
Serotonin ist der Schlüssel
Dagegen nahmen sie saure und salzige Geschmäcker tendenziell besser wahr als die weniger verliebten Probanden. Den Grund für die reduzierte Bitter- und Süßerkennung sehen die ttz-Wissenschaftler aus dem Sensoriklabor darin, dass Serotonin an der Geschmacksausbildung der Eindrücke süß und bitter beteiligt ist. „Je weniger Serotonin die Tester im Blut haben, desto schwächer fällt der geschmackliche Impuls bei der Wahrnehmung dieser Ausprägungen aus“, so Mark Lohmann, Biochemiker und Leiter des ttz-Sensoriklabors.
Und weiter: „Aus zahlreichen Studien geht hervor, dass bei der Übermittlung von sauren und salzigen Geschmackseindrücken eine völlig andere biochemische Signalkaskade abläuft, die möglicherweise weniger abhängig von der Serotoninkonzentration ist. Dies wäre eine Erklärung, warum die Erkennung dieser Grundgeschmacksarten bei den Verliebten nicht beeinträchtigt ist.“ Um das Phänomen umfassend zu deuten, sind jedoch noch detaillierte Folgestudien in Zusammenarbeit mit Medizinern und Neurowissenschaftlern notwendig.
Die Phänomene Appetitlosigkeit und verminderte geschmackliche Wahrnehmung treten häufig bei depressiven Patienten auf. Auch bei dieser Gruppe ist der Serotoninspiegel im Vergleich zu gesunden Personen meist erniedrigt, recherchierte die Nachwuchsforscherin Stefanie Türk während ihrer Zeit im Sensoriklabor.
Körper kehrt zum Normalzustand zurück
Allerdings erhöhen sich mit der Zeit die Serotoninwerte bei den Verliebten dann ganz von selbst wieder, die Aufregung klingt ab, der Körper findet zu seinem Normalzustand zurück. Sollte bei der Zubereitung des Lieblingsessens für den Partner dann etwas viel Salz im Spiel sein, wird er/sie es aufgrund einer gesunkenen Schwelle der Wahrnehmung von salzig deutlich merken. Doch glücklicherweise wächst in der Zeit des Zusammenseins auch das diplomatische Geschick, das solche Fehldosierungen galant zu überspielen versteht.
(idw – ttz Bremerhaven, 19.05.2009 – DLO)