Biologie

Warum der Megalodon so groß wurde

Kalte Gewässer verliehen dem urzeitlichen Riesenhai seine Statur

Megalodon
Der urzeitliche Riesenhai Otodus megalodon wurde in kalten Gewässern am größten. © DePaul University/ Kenshu Shimada

Megalodon war der größte Hai, der je unsere Ozeane durchpflügte. Jetzt haben Paläontologen entdeckt, warum und wo er seine bis zu 20 Meter Länge erreichte. Demnach waren es vor allem kalte Meeresgebiete, die den Urzeithai so riesig werden ließen. Während Vertreter dieser Art in den Tropen eher schmächtig blieben, wuchsen Megalodons in kalten Gewässern zu echten Riesen heran. Dies könnte der erste Nachweis der Bergmannschen Regel bei einer Hai-Art sein, so die Forscher.

Der Urzeit-Hai Otodus megalodon wurde bis zu 20 Meter lang – dreimal so groß wie der heute gefürchtete Weiße Hai. Bis zu seinem Aussterben vor rund 2,6 Millionen Jahren war Megalodon damit der unangefochtene Top-Prädator des Neogen-Zeitalters. Erst als seine Beute knapp und die Konkurrenz größer wurde, starb dieser Gigant der Meere aus.

Zähne als Größenanzeiger

Doch was machte diesen Hai so groß? Und warum finden Paläontologen immer wieder auch Zähne kleinerer Exemplare dieser ausgestorbenen Hai-Art? Bisher war der Grund dafür strittig. Einige Paläontologen vermuten jedoch, dass die Fundorte vorwiegend kleiner Zähne, beispielsweise in Panama, eine Art Kinderstube der Megalodons darstellten. Denn trotz der Größenunterschiede gehörten die Haie aller zur gleichen Art.

Jetzt jedoch schlagen Kenshu Shimada von der DePaul University in Chicago und seine Kollegen eine andere Erklärung vor. Sie haben noch einmal die Maße und Daten zu gut 120 bereits untersuchten fossilen Megalodon-Zähnen und ihren Fundstellen ausgewertet und zusätzlich 25 weitere fossile Haizähne untersucht. Anders als frühere Studien rekonstruierten sie dabei anhand von Modellen vergangener Meeresströmungen und Klimamodellen, welche Wassertemperaturen an den jeweiligen Fundstätten geherrscht haben könnten.

Am größten im kalten Wasser

Das Ergebnis: In der Größenverteilung der Zähne lässt sich ein Zusammenhang zum Breitengrad und in noch stärkerem Maße zur damaligen Meerestemperatur feststellen, wie Shimada und sein Team berichten. In den Regionen, in denen das Wasser des Ozeans eher kühl war oder in denen kalte Meeresströmungen vorherrschten, erreichte Megalodon demnach seine größten Längen. In tropischen Gewässern, die damals rund 30 Grad Wassertemperatur erreichten, blieb der Hai hingegen eher klein.

„Kurz gesagt: Die einzelnen Exemplare von Otodus megalodon waren im kalten Wasser im Schnitt größer als in warmem Wasser“, so Shimada. „Dieser Befund deutet auf ein zuvor unerkanntes Muster der Körpergrößen für den fossilen Hai hin. Bemerkenswert daran ist, dass er damit dem ökologischen Muster der Bergmannschen Regel zu folgen schien.“ Nach dieser sind Tiere in kälteren Gefilden größer und kompakter als ihre tropischen Verwandten, weil sie so dank eines günstigeren Verhältnisses von Oberfläche weniger Wärme verlieren.

Vorteil bei der Beutejagd

Die Stude von Shimada und seinem Team spricht nun dafür, dass auch der Urzeit-Hai Megalodon dieser Bergmannschen Regel folgte. „Diese Regel wurde bisher nicht nur für Säugetiere, sondern auch für eine breite Palette anderer Wirbeltiere inklusive Fischen, Amphibien, Reptilien und Vögeln nachgewiesen“, erklären die Paläontologen. Für Elasmobranchier, die Gruppe, zu der Haie und Rochen gehören, sei dies jedoch ihres Wissens nach das erste Mal.

Möglicherweise war es sogar erst die Kombination von rudimentärer Warmblütigkeit und dieser Anpassung an kalte Gewässer, die den Megalodon einst so erfolgreich machte. „Otodus megalodon könnte seinen prädatorischen Erfolg durch das von der Warmblütigkeit ermöglichte schnelle Schwimmen in Kombination mit dem polwärtigen Gigantismus gefördert haben“, so das Team. „Das Breitgengrad-spezifische Größenmuster könnte daher ein potenzieller ökologischer, vielleicht sogar evolutionärer Treiber für den Gigantismus gewesen sein.“

„Kinderstuben“ könnte es dennoch gegeben haben

In jedem Falle legen die neuen Ergebnisse nahe, dass nicht alle Vertreter des Megalodon die gleiche riesenhafte Größer erreichten. „Die gängige Annahme, dass Otodus megaolodon 18 bis 20 Meter lang wurde, sollte daher primär auf die Populationen angewendet werden, die in kühleren Umgebungen lebten“, sagt Shimada.

Ob diese Haie darüber hinaus trotzdem ihre Brutgebiete in bestimmten wärmeren Gefilden hatten, bleibt vorherst unklar. „Es ist noch immer möglich, dass Megalodon seinen Nachwuchs in speziellen Kinderstuben aufzog“, sagt Koautor Harry Maisch von der Fairleigh Dickinson University in New Jersey. „Aber unsere Studie zeigt, dass diese Fundstellen kleinerer Zähne stattdessen auch darauf zurückgehen könne, dass die Haie in wärmerem Wasser kleiner blieben.“ (Historical Biology, 2022; doi: 10.1080/08912963.2022.2032024)

Quelle: Taylor & Francis Group

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