Erziehung und die Gesellschaft tragen entscheidend dazu bei, dass Frauen Risiken und Wettbewerbssituationen eher scheuen als Männer. Das geht aus zwei neuen Studien britischer Wissenschaftler hervor. In einem breit angelegten Verhaltensexperiment fanden diese heraus, dass Schülerinnen reiner Mädchenschulen im Durchschnitt ebenso risikobereit sind wie Jungen.
Geschlechterunterschiede im Risiko- und Wettbewerbsverhalten zählen nach wissenschaftlichen Erkenntnissen zu den Gründen, warum Frauen weniger verdienen als Männer und in Führungspositionen unterrepräsentiert sind. Auch leistungs- oder erfolgsorientierten Entlohnungsmodellen stehen sie ablehnender gegenüber. Kaum untersucht wurde bislang allerdings die Frage, ob Frauen von Natur aus Risiken meiden oder erst durch äußere Einflüsse dazu gebracht werden.
Verhaltensexperimente liefern neue Erkenntnisse
Dieser Frage gingen die Forscher Alison Booth und Patrick Nolen von der Universität Essex nach, indem sie das Verhalten dreier Schülergruppen verglichen: Schülerinnen reiner Mädchenschulen sowie Mädchen und Jungen aus gemischten Klassenverbänden. In einem ersten Experiment wurden die Probanden vor die Wahl gestellt, eine garantierte Geldsumme zu erhalten oder durch Münzwurf den Betrag mehr als zu verdoppeln beziehungsweise einen Teil des Geldes einzubüßen.
Während die Schülerinnen der gemischten Schulen eindeutig die Sicherheitsvariante bevorzugten, entschieden sich ihre Altersgenossinnen der reinen Mädchenschulen nach den Ergebnissen der Wissenschaftler ebenso häufig für die risikoreiche Variante wie die Jungen.
Jungen als Hemmschuh
In einem weiteren Versuch ergaben sich vergleichbare Ergebnisse für die Teilnahme an Wettbewerben. Die Probanden sollten bestimmte Aufgaben lösen und hatten dabei die Wahl zwischen einem „Stücklohn“ und einem Leistungswettbewerb, in dem nur der beste Teilnehmer einer Vierergruppe entlohnt wurde.
Auch hier war das Ergebnis eindeutig: Die Schülerinnen der Mädchenschulen wählten fast ebenso oft die Wettbewerbsvariante wie ihre männlichen Mitstreiter, während die Schülerinnen der gemischten Schulen einem Leistungsvergleich bevorzugt aus dem Wege gingen – insbesondere wenn Jungen in der Versuchsgruppe vertreten waren.
Typisch weiblich?
Daraus folgern die Wissenschaftler, dass erzieherische Einflüsse und der soziale Umgang mit Gleichaltrigen die Entwicklung „typisch weiblicher“ Verhaltensweisen verstärken, die mitunter im Berufsleben zu Nachteilen führen können. Allerdings warnen die Forscher davor, die Studie als Plädoyer für reine Mädchenschulen zu interpretieren.
„Insgesamt könnten die positiven Effekte eines gemischtgeschlechtlichen Lernumfeldes durchaus überwiegen“, erklärt Nolen. „Unsere Studie legt jedoch nahe, dass Eltern und Lehrer verstärkt darauf hinarbeiten sollten, die Herausbildung potenziell schädlicher Geschlechterstereotypen in einem solchen Umfeld zu minimieren.“
(idw – Institut zur Zukunft der Arbeit, 06.03.2009 – DLO)