Biologie

Warum haben wir Fingerabdrücke?

Rillen in der Haut regulieren Feuchtigkeit und erleichtern das Greifen

Fingerabdruck
Unser Fingerabdruck hilft nicht nur der Kriminalistik, die Fingerrippen haben auch Vorteile für en Alltag. © ktsimage/ iStock.com

Alles im Griff: Dank unserer Fingerabdrücke können wir Gegenstände besser festhalten und verlieren auch bei feuchten Oberflächen nicht den Halt. Denn die clevere Kombination aus Schweißdrüsen und Furchen in der Haut unserer Fingerkuppen reguliert die Feuchtigkeit so, dass eine optimale Reibung zwischen unseren Fingern und dem gegriffenen Gegenstand besteht, wie Forscher durch Experimente herausgefunden haben.

Anders als fast alle anderen Tierarten haben Primaten Fingerabdrücke: Ein System aus Rillen und Schweißdrüsen, einzigartig geformt bei jedem Individuum. Ein Viertel unserer Schweißdrüsen konzentriert sich an unseren Handflächen und Fußsohlen – dabei machen diese nur fünf Prozent unserer gesamten Hautfläche aus. Die Schweißproduktion wird hier vor allem durch emotionale Reize statt durch Temperatur aktiviert.

Abgesehen davon, dass unser Fingerabdruck heute oft zur Identifizierung genutzt wird und Kriminologen wertvolle Informationen liefert: Welchen evolutionären Vorteil hat er?

Rillen sorgen für optimale Reibung

Diese Frage hat nun ein Team um Seoung-Mok Yum von der Seoul National University in einem Experiment untersucht. Während Probanden ihre Finger auf eine Glasfläche drückten, maßen die Forscher mit verschiedenen bildgebenden Techniken, wie sich Flüssigkeit zwischen Finger und Glas verteilt und wie sich das auf Reibung und Haftung auswirkt.

Das Ergebnis: Egal, ob der Finger anfänglich nass oder trocken war, reguliert sich die Feuchtigkeit innerhalb kurzer Zeit so, dass sich die Reibung auf ein optimales Maß erhöht. Bei nassen Fingern leiten die Hautrillen überschüssige Flüssigkeit ab und erleichtern eine schnelle Verdunstung, während bei zu trockenen Fingern die Schweißdrüsen aktiv werden.

Feuchtigkeit perfekt austariert

Ein ausgeklügeltes System sorgt dabei dafür, dass die Schweißdrüsen nur so viel Schweiß abscheiden, wie für einen sicheren Griff erforderlich ist: Durch die leichte Befeuchtung wird die Haut der Fingerkuppen flexibler und schmiegt sich enger an das Glas an. Der dabei entstehende Druck wiederum blockiert die Schweißdrüsen und verhindert so, dass sie übermäßig Flüssigkeit freisetzen, die schlimmstenfalls dazu führen könnte, dass uns der Gegenstand aus der Hand rutscht. Die perfekte Anpassung an die zu berührende Oberfläche verbessert zudem unsere taktile Wahrnehmung.

Im Vergleich zu Tieren wie Raubkatzen oder Bären können Primaten dank dieses Systems besonders sicher greifen – sei es, wenn sie auf Bäume klettern, mit Früchten hantieren oder ein Smartphone bedienen. „Beim Kontakt mit festen Objekten sind die Rillen des Fingerabdrucks wichtig, um Haftung und Präzision zu bestimmen“, sagt Mitautor Michael Adams von der University of Birmingham. „Sie regulieren die Feuchtigkeitsmenge aus externen Quellen und Schweißdrüsen, so dass die Haftung maximiert wird und wir vermeiden, unser Smartphone fallenzulassen.“

Auch technische Anwendungen möglich

Für ihre Untersuchungen nutzten die Forscher ausschließlich Glasoberflächen, denn die Messtechnik basierte darauf, durch den Gegenstand hindurch die Finger zu beobachten. Während das Glas keine Feuchtigkeit aufnimmt, sind andere Oberflächen, beispielsweise Papier, saugfähig und reduzieren so die zur Verfügung stehende Feuchtigkeit. Nach Einschätzung der Forscher sorgt die Schweißsekretion aber auch in diesem Fall für eine erhöhte Anpassungsfähigkeit der Fingerkuppen an die Oberfläche und hilft uns dabei, selbst feinste Strukturen wahrzunehmen.

Womöglich könnten in Zukunft auch technische Geräte nach dem Vorbild unserer Fingerabdrücke konstruiert werden: „Wenn wir verstehen, welchen Einfluss die Reibung an den Fingerkuppen hat, können wir realistischere taktile Sensoren entwickeln – zum Beispiel für Anwendungen bei Robotern und Prothesen, oder für Feedbacksysteme in Touchscreens und Virtual Reality“, beschreibt Adams. (Proceedings of the National Academy of Sciences, 2020, doi: 10.1073/pnas.2001055117)

Quelle: University of Birmingham, PNAS

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