Genetik

Warum jedes Herz anders ist

Forscher entdecken Zusammenhänge zwischen Genvarianten und Herzfunktion

Lebenswichtiger Muskel: Das Herz pumpt sauerstoff- und nährstoffreiches Blut durch unseren Körper. © Sergey Nivens/ iStock.com

Stark oder schwach, groß oder klein: Minimale Veränderungen im Erbgut entscheiden mit darüber, wie unser Herz schlägt und gestaltet ist. Wissenschaftler haben nun zehn bisher unbekannte genetische Faktoren entdeckt, die mit der Struktur und Funktion des Pumporgans in Verbindung stehen. Von den Ergebnissen erhoffen sie sich neue Ansätze für die Prävention und Therapie von Herz-Kreislauf-Erkrankungen.

Unser Herz ist das ganze Leben hindurch im Dauereinsatz: Pro Tag schlägt es rund 100.000 Mal, um den Körper mit sauerstoff- und nährstoffreichem Blut zu versorgen. Es ist der Motor, ohne den unser Organismus nicht funktioniert. Im Alter wird das Herz zunehmend kleiner und schwächer. Doch seine Funktion kann auch in jungen Jahren bereits gestört sein. Macht das Herz zum Beispiel bei einer Herzschwäche schlapp, bekommen Betroffene dies im Alltag schnell zu spüren.

Welche Faktoren aber bestimmen darüber, ob unser Pumporgan kraftvoll schlägt oder anfällig ist, ob es schwer ist oder leicht, groß oder klein? Wissenschaftler um Philipp Wild von der Universitätsmedizin Mainz haben sich dieser Fragestellung nun auf einer genetischen Ebene gewidmet – und dabei zehn neue Varianten im Erbgut identifiziert, die mit der Struktur und Funktion des Herzens in Verbindung stehen.

Auf Herz und Gene geprüft

Für ihre Untersuchung werteten die Forscher 30 Studien mit insgesamt 46.533 Probanden überwiegend europäischer Abstammung aus. Dabei analysierten sie Informationen wie die Masse der Herzkammern oder funktionelle Messwerte zum Pumpverhalten. „Wir haben für jeden einzelnen Wert untersucht, ob es erbliche Varianten gibt, die mit ihm assoziiert sind und die Ergebnisse aus der ersten Analyse bei anderen Personengruppen erneut überprüft“, berichtet Wild. Beim Blick ins Genom konzentrierte sich das Team auf sogenannte Single Nucleotide Polymorphisms, kurz SNPs – typische Variationen im Erbgut, bei denen nur ein einzelner Baustein verändert ist.

Tatsächlich entdeckten Wild und seine Kollegen dabei zehn zuvor unbekannte erbliche Faktoren: Sieben davon stehen mit der Größe der Aortenwurzel in Zusammenhang, also dem Teil der großen Körperschlagader, der direkt aus der linken Herzkammer austritt. Außerdem entdeckten die Forscher zwei neue genetische Varianten, die mit dem Durchmesser der linken Herzkammer assoziiert sind. Ein weiterer erblicher Faktor steht mit dem Füllungsverhalten der linken Herzkammer in Verbindung. Dies kann zum Beispiel bei einer Herzschwäche gestört sein.

Ansätze für neue Therapien?

Für andere untersuchte Herz-Parameter fanden die Wissenschaftler hingegen keine genetischen Varianten. „Das kann verschiedene Ursachen haben. Entweder ist der genetische Einfluss so gering, dass er nicht entdeckt wurde oder es liegt daran, dass wir uns nur auf bekannte SNPs konzentriert und nicht das gesamte Erbgut untersucht haben. Nichts gefunden zu haben, bedeutet also nicht, dass es keinen genetischen Einfluss gibt“, sagt Mitautor Marcus Dörr vom Deutschen Zentrum für Herz-Kreislauf-Forschung in Greifwald.

Weitere Studien sollen nun klären, wie genau die entdeckten erblichen Veränderungen Bau und Funktion des Herzens mitbestimmen. Diese Ergebnisse könnten helfen, das komplexe Muster aus genetischen und umweltbedingten Faktoren zu verstehen, das Herz-Kreislauf-Erkrankungen zugrunde liegt – und auf diese Weise neue Möglichkeiten für Prävention und Therapie eröffnen, hofft das Team. (The Journal of Clinical Investigation, 2017; doi: 10.1172/JCI84840)

(Deutsches Zentrum für Herz-Kreislauf-Forschung e.V., 11.05.2017 – DAL)

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