Biotechnologie

Warum Paprika nicht nachreift

Nachreifende und nicht-nachreifende Früchte reagieren unterschiedlich auf das Pflanzenhormon Ethylen

Auch nach der Ernte verändern sich Tomatenfrüchte hinsichtlich Farbe, Aroma und Nährstoffgehalt, man bezeichnet sie deshalb als nachreifende Früchte. Dieser Prozess wird vom Pflanzenhormon Ethylen angestoßen, das jedoch auf Paprika keinen Einfluss zu haben scheint. © Claudia Steinert/MPI f. molekulare Pflanzenphysiologie

Forscher haben herausgefunden, warum manche Früchte noch nachreifen, andere dagegen nicht. Offenbar sind Paprika und andere nicht-nachreifende Früchte unempfindlich gegenüber dem Reifegas Ethylen. Das Gas kann deshalb die Signalkette nicht anstoßen, die beispielsweise grüne Tomaten auch nachträglich noch rot werden lässt oder Äpfel auch in der Obstschale reif macht.

Tomatenzüchtern gelang vor Jahren ein Coup: Sie identifizierten Tomaten mit einem Gendefekt, der dazu führt, dass die Früchte auch unter dem Einfluss des pflanzlichen Reifehormons Ethylen nur sehr langsam nachreifen. Händler und Anbaubetriebe freute das, denn somit blieb ihnen mehr Zeit, die anfangs noch grüne Ware vom Ort der Ernte zu den Verkaufsfilialen zu befördern. Dort konnte sie dann mit Hilfe von Ethylenbegasung zur Reife gebracht werden. Andere Früchte wie Paprika, Weintrauben oder Erdbeeren zeigen generell keine Nachreife, sie müssen im reifen Zustand geerntet und möglichst bald verbraucht werden. Forscher des Max-Planck-Instituts für Molekulare Pflanzenphysiologie in Potsdam sind der Frage nachgegangen, warum Ethylen in manchen Pflanzen zur Nachreife führt und von anderen gar nicht bemerkt wird.

Um den Vergleich des Stoffwechsels und der Genexpressionslevel von nachreifenden und nicht-nachreifenden Pflanzen zu vereinfachen, konzentrierten die Wissenschaftler ihre Arbeit auf zwei nahverwandte Arten: die nachreifende Tomate und die nicht-nachreifende Habanero-Chili, beides Nachtschattengewächse. Sie untersuchten den pflanzlichen Stoffwechsel zu unterschiedlichen Zeitpunkten vor und nach dem sogenannten Breaker-Point, also dem Tag, an dem die Frucht durch einen sichtbaren Farbumschwung in den Reifeprozess eintritt.

„Ethylen-Schock“ läutet Farbwechsel ein

Bei Tomaten kommt es an genau diesem Tag zu einer Freisetzung gewaltiger Mengen Ethylen, man spricht auch von einem „Ethylenschock“. Das gasförmige Phytohormon Ethylen aktiviert seine eigene Synthese, sobald die Pflanze von außen mit Ethylen in Berührung kommt. Aus diesem Grund werden grüne Bananen schneller gelb, wenn sie neben Äpfeln aufbewahrt werden, da Äpfel eine ausgezeichnete Ethylenquelle darstellen.

Zwei Enzyme nehmen bei der Synthese von Ethylen eine Schlüsselrolle ein, sie heißen ACC-Synthase und ACC-Oxydase. Während des Reifeprozesses produzieren nachreifende Tomatenfrüchte viel mehr von diesen Enzymen, was einen sich stetig erhöhenden Ethylenspiegel zur Folge hat. Das Ethylen setzt in den Tomaten dann eine Signalkaskade in Gang, die zur Reifung der Früchte führt. Aus grünen Chloroplasten werden farbige Chromoplasten, die harten Zellwandbestandteile werden abgebaut, Zucker werden gebildet und der Nährstoffgehalt ändert sich.

Nicht so bei Chilis. „Es sieht so aus, als ob Ethylen keinerlei Einfluss auf die Genexpression oder den Stoffwechsel von Habanero-Chilis hat“, so Gruppenleiter Alisdair Fernie, der mit seinem Team den Stoffwechsel und die Genaktivität der Früchte untersucht hat. Erstaunlicherweise waren aber Gene weiter abwärts in der Ethylen-Signalkette sehr wohl vermehrt aktiv. „Die Gene für den Abbau der pflanzlichen Zellwand oder die Carotenoid-Biosynthese wurden während des normalen Reifeprozesses an der Pflanze sowohl bei Tomate als auch bei Paprika vermehrt gebildet“, erklärt Fernie. Das Molekül, das bei Paprika und anderen nicht-nachreifenden Früchten den Reifeprozess anstößt, suchen die Forscher noch. (Plant Physiology, 2012; doi:10.1104/pp.112.199711)

(Max-Planck-Gesellschaft, 06.08.2012 – NPO)

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