Drehmuster im Blick: Forscher haben herausgefunden, warum Schneckenhäuser meist nach rechts gedrehte Windungen aufweisen. Offenbar ist ein einziges Gen für diese Besonderheit zuständig. Funktioniert dieser DNA-Abschnitt nicht, produzieren Schnecken Nachkommen mit links herum gewundenen Häusern. Diese Erkenntnis könnte nun auch zum Verständnis anderer Links-Rechts-Asymmetrien im Tierreich beitragen.
Schnecken sind durchaus spannende Tiere – auch wenn es auf den ersten Blick nicht so wirkt. So sind die Weichtiere bekannt für ihre Widerstandsfähigkeit gegenüber Umweltgiften oder ihre bizarren Sexualpraktiken. Auch ihr Haus ist eine spannende Konstruktion: Fast immer weist es nach rechts gedrehte Windungen auf. Warum das so ist, war bislang ein Rätsel.
Ein Gen für den Dreh
Um das Geheimnis um die Rechtsdrehung der Schneckenhäuser zu lüften, haben Masanori Abe und Reiko Kuroda von der Universität der Wissenschaften in Tokio nun die Genschere CRISPR/Cas9 zur Hilfe genommen. Mit diesem gentechnischen Werkzeug manipulierten sie gezielt einzelne Gene im Erbgut von Spitzschlammschnecken (Lymnaea stagnalis) – ihnen zufolge ist es das erste Mal, dass die Genschere bei Mollusken eingesetzt wurde.
Tatsächlich konnten die Forscher bei ihren Experimenten einen DNA-Abschnitt identifizieren, der für den Rechtsdreh verantwortlich ist. Schnecken ohne eine funktionierende Kopie des Gens Lsdia1 brachten Nachkommen zur Welt, deren Häuser links herum gewunden waren. Interessanterweise waren Anzeichen für diese „verkehrte“ Entwicklung bereits im ganz frühen Embryonalstadium zu erkennen – als die Schnecken aus nur einer einzigen Zelle bestanden.
Nachkommen mit verkehrter Windung
Wie das Team berichtet, zeugten die Schnecken mit den nach links gedrehten Häusern Nachkommen mit derselben anatomischen Besonderheit. „Es ist erstaunlich, dass diese Schnecken mit den umgekehrten Windungen fruchtbar sind und ihre Linksdrehung von Generation zu Generation weitergeben können“, konstatiert Kuroda.
Wie genau das Lsdia1-Gen die Windungsrichtung des Schneckenhauses kontrolliert, ist den Wissenschaftlern zufolge noch ungeklärt. Sie glauben aber: Weil Lsdia1 auch bei anderen Tieren vorkommt, könnte dieses für ein Formin-Protein kodierendes Gen bei ihnen ebenfalls für die Entwicklung von Links-Rechts-Asymmetrien verantwortlich sein.
Auf den Menschen übertragbar?
Sogar anatomische Besonderheiten des Menschen könnte die Entschlüsselung der Funktionsweise des Lsdia1-Gens in Zukunft erklären helfen: Wie kommt es zum Beispiel dazu, dass manche Babys mit einem rechts liegenden Herzen geboren werden – also mit dem Pumporgan auf der falschen Seite? „Wir glauben, dass es in diesem Zusammenhang einen Mechanismus geben könnte, der bei allen Tieren ähnlich ist“, schließt Kuroda. (Development, 2019; doi: 10.1242/dev.175976)
Quelle: The Company of Biologists