Seit langem ist bekannt, dass Kupferoberflächen gefährliche Keime stoppen können. Warum Bakterien jedoch bei Kontakt mit dem Metall sterben, ist nicht vollständig geklärt. Jetzt haben Forscher zumindest ein Detail geklärt: Der Effekt tritt nur auf ganzen Kupferoberflächen auf. Wurden die Keime dagegen nur einer vergleichbaren Konzentration von Kupferionen ausgesetzt, überlebten sie im Laborversuch problemlos. Um die desinfizierende Wirkung hervorzurufen, sei demnach ein direkter Kontakt der Bakterien mit dem Kupfer erforderlich, berichten die Forscher im Fachmagazin „Applied and Environmental Microbiology“.
Rund 500.000 Menschen erleiden laut Robert Koch-Institut jährlich eine Infektion im Krankenhaus. Wie viele daran sterben, schätzen Fachleute unterschiedlich ein. Die Angaben schwanken zwischen 15.000 bis 40.000 Todesfällen pro Jahr. „Das sind mehr Menschen als im Straßenverkehr sterben“, sagt Marc Solioz von der Universität Bern. Gemeinsam mit Kollegen der Universität des Saarlandes will der Schweizer Kupfer-Experte antibakterielle Beschichtungen entwickeln, um damit die Ausbreitung gefährlicher Infektionen in Krankenhäusern einzudämmen.
Fünf Theorien, keine endgültige Erklärung
„Für solche neuen Materialien müssen wir aber zuerst verstehen, auf welche Weise das Kupfer die Bakterien tötet. Denn Kupfer ist zugleich das dritthäufigste Spurenelement im menschlichen Körper und dort offenkundig nicht schädlich“, erläutert Solioz. Mindestens fünf verschiedene Erklärungsmuster werden derzeit weltweit von Wissenschaftlern untersucht. „Einige vermuten, dass Kupfer die Zellwand der Bakterien destabilisiert und diese dadurch auslaufen.
Andere Forscher gehen davon aus, dass sich Kupfer an die DNA der Keime bindet und die Gensequenzen in kleine Stücke zerteilt“, fasst Solioz zusammen. Fakt ist, dass sich im Inneren von getöteten Bakterien unter dem Elektronenmikroskop Kupferionen nachweisen lassen. Wie das Kupfer ins Innere der Zellen gelangt, ist aber noch unklar, ebenso, wie der zerstörerische Prozess bei Bakterien ausgelöst wird.
Kupferionen alleine wirken nicht
Um darüber mehr herauszufinden, führten die Forscher ein Experiment mit Hilfe der Laserinterferenztechnologie am Steinbeis-Forschungszentrum für Werkstofftechnik (MECS) in Saarbrücken durch. Sie überzogen dafür zunächst eine Kupferplatte mit einer dünnen Kunststoffschicht. Mit pulsierenden Laserstrahlen schossen die Materialforscher dann winzige Löcher in diese Schicht und erzeugten so ein wabenartiges Muster. Die Löcher waren mit einem halben Mikrometer, einem Millionstel Meter, kleiner als der Durchmesser der Bakterien.
„Das für uns überraschende Ergebnis war, dass die Bakterien auf dieser Oberfläche nicht abgestorben sind, obwohl Kupferionen freigesetzt wurden“, erläutert Mücklich. Im Vergleichsversuch mit einer unbeschichteten Kupferplatte und der gleichen Konzentration von Kupferionen waren alle Bakterien nach wenigen Stunden vernichtet. „Dies zeigt, dass die Bakterien vor allem beim direkten Kontakt mit der Kupferoberfläche absterben. Offenbar wird dadurch erst die Zellhülle angegriffen und so die Voraussetzung dafür geschaffen, dass die Kupferionen die Zellen völlig zerstören können“, schlussfolgert das interdisziplinäre Forscherteam.
Dies lässt vermuten, dass komplexe elektrochemische Prozesse zwischen Kupferplatte und Keimen auf der Oberfläche eine Rolle spielen. Diese müssen die Wissenschaftler nun noch genauer erforschen, damit aktiv keimtötende Materialoberflächen auf Kupferbasis entwickelt werden können. (Applied and Environmental Microbiology, 2013; doi: 10.1128/AEM.03608-12)
(Universität des Saarlandes, 22.03.2013 – NPO)