Extrem robust: In Mikrowellen-Geräten tummeln sich überraschend viele Mikroorganismen. Trotz der elektromagnetischen Wellen und kargen Lebensumgebung gedeihen dort einige hochresistente Mikroben, wie Forschende herausgefunden haben. In ihrer mikrobiellen Vielfalt ähneln die Mikrowellen-Organismen dabei denen auf Solarpanelen, die ebenfalls starker Strahlung und Hitze ausgesetzt sind. Was folgt daraus für die Küchenhygiene und wofür lassen sich die Bakterien nutzen?
Bakterien und andere Mikroben sind oft Spezialisten. Sie passen sich an ihre Umgebung an und besiedeln dadurch selbst extrem trockene oder feuchte, heiße oder kalte, saure oder salzige Gebiete. Einige Mikroorganismen verfügen sogar über einen so speziellen Stoffwechsel, dass sie an Orten überleben können, wo kaum Nährstoffe vorhanden sind und man sie daher nicht vermutet hätte: In der Tiefen Biosphäre, in Öllecks von Schiffen sowie auf Plastikmüll im Ozean oder in mit Chemikalien belasteten Böden. Selbst in Reinräumen und auf der Internationalen Raumstation ISS tummeln sich Bakterien.
Das Vorkommen solcher extremophilen Mikroben an den unwirtlichsten Orten birgt Herausforderungen für Hygienekonzepte. Für die Industrie können diese hartgesottenen Lebensformen aber auch nützlich sein: In biotechnologischen Prozessen können die robusten Mikroben mitunter zu nachhaltigeren Verfahren verhelfen, die die synthetische Chemie „grüner“ machen.
Überlebenskünstler gesucht
Ein Team um Alba Iglesias von der Universität Valencia hat daher in einer weiteren, aus biologischer Sicht krassen Umgebung nach solchen Extremophilen gesucht: in der handelsüblichen Mikrowelle, wie viele Menschen sie in ihrer Küche haben. Dafür nahmen die Forschenden Proben aus dem Inneren von insgesamt 30 Mikrowellengeräten und sequenzierten das Genom der darin enthaltenen Mikroben. Zudem testeten sie, unter welchen Bedingungen diese wachsen.
Jeweils zehn Mikrowellen-Geräte standen dabei in privaten Ein-Personen-Haushalten und in Gemeinschaftsräumen von Firmen, Instituten oder Cafeterien. Weitere zehn Geräte standen in mikro- und molekularbiologischen Forschungslaboren. Diese Probenauswahl sollte klären, ob sich in den Mikrowellen andere Mikroben finden, wenn die Geräte unterschiedlich genutzt werden.
Mikrowellen beherbergen mikrobielle Vielfalt
Tatsächlich wurden die Forschenden fündig. In den Geräten lebt demnach eine Gemeinschaft von stark angepassten Mikroben, denen die Strahlung nichts ausmacht. Insgesamt fanden Iglesias und ihre Kollegen Mikroorganismen aus 747 verschiedenen Gattungen und 25 Stämmen. Am häufigsten lebten in den Mikrowellen Bakterien der Stämme Firmicutes, Actinobacteria und insbesondere Proteobacteria.
Je nach Standort der Mikrowellen waren die Mikrobengemeinschaften dabei anders zusammengesetzt. Einige Bakterien fanden sich nur in Privathaushalten, andere nur in Gemeinschaftsräumen und wieder andere ausschließlich in Laboren. Insgesamt war die bakterielle Vielfalt der Mikrowellen in den Privathaushalten am geringsten und in den Laboren am größten.
Typische Küchen-Mikroben
Iglesias und ihre Kollegen verglichen die Vielfalt der entdeckten Mikrobengemeinschaften anschließend mit der anderer Lebensräume. Demnach ähnelt das Mikrobiom in Mikrowellen dem auf unserer Haut, unseren Schleimhäuten und auf Küchenoberflächen. Durch den häufigen Kontakt der Geräte mit Menschen und Nahrungsmitteln ist dies wenig überraschend. Etwas überraschender war dagegen der Fund, dass die Zusammensetzung der Mikrobenarten in Labor-Mikrowellen auch dem Mikrobiom auf Solarpanelen ähnelt.
Der mögliche Grund für diese Übereinstimmung: Auf den Solarzellen sind die Organismen elektromagnetischer Strahlung sowie starker Hitze und Austrocknung ausgesetzt – ebenso wie in Mikrowellen. Die Forschenden vermuten daher, dass unter diesen Bedingungen jeweils dieselben hochresistenten Mikroben überlebten und sich mit der Zeit auf Solarpanele und Mikrowellen als Habitate spezialisierten. Als besonders strahlungsresistent stellten sich dabei die Organismen in den Labor-Mikrowellen heraus.
Mikrowellen regelmäßig desinfizieren
Was aber bedeutet dies für unseren Küchen-Alltag? „Die mikrobielle Population, die in Mikrowellen gefunden wird, stellt im Vergleich zu anderen gängigen Küchenoberflächen kein einzigartiges oder erhöhtes Gesundheitsrisiko dar,” betont Koautor Daniel Torrent von der Firma Darwin Bioprospecting Excellence in Valencia. Da einige der Mikroben, wie Klebsiella oder Brevundimonas, aber auch gesundheitliche Folgen haben können, raten Iglesias und ihre Kollegen zu einer sorgfältigen Mikrowellen-Hygiene.
„Sowohl für Privatpersonen als auch für das Laborpersonal empfehlen wir, Mikrowellen regelmäßig mit einer verdünnten Bleichlösung oder einem handelsüblichen Desinfektionsspray zu desinfizieren“, sagt Torrent. „Darüber hinaus ist es wichtig, die Innenflächen nach jedem Gebrauch mit einem feuchten Tuch abzuwischen, um Rückstände zu entfernen und verschüttete Flüssigkeiten sofort zu beseitigen, um das Wachstum von Bakterien zu verhindern.“ (Frontiers, 2024; doi: 10.3389/fmicb.2024.1395751)
Quelle: Frontiers