Gesellschaft

Waschbecken dienen als „Schimmelpilz-WG“

Pilze und Hefen tummeln sich auch im Siphon von Abflüssen

Hände waschen
Im Abfluss öffentlicher Waschbecken lauern unzählige Pilze. Im Abfluss öffentlicher Waschbecken lauern unzählige Pilze. © Maridav/ Getty Images

Volles Rohr: Im Abfluss von Waschbecken öffentlicher Toiletten leben unzählige verschiedene Pilze, darunter schwarze Schimmelpilze und Hefen, wie Forschende jetzt herausgefunden haben. Demnach tummeln sich 605 verschiedene Arten im Siphon, von denen einige potenziell krankheitserregend sind. Die Studienautoren empfehlen immungeschwächten Personen deshalb, sich auch vor dieser Gefahrenquelle aus dem Abfluss zu schützen.

Pilze sind eine extrem vielfältige Gruppe von Lebewesen. Sie bevölkern die ganze Welt und fühlen sich selbst in menschengemachten Lebensräumen wie feuchten Wohnungen oder auf Smartphone-Displays wohl. Doch manche Schimmelpilze und Hefen sind keine friedlichen Mitbewohner, sondern machen uns krank. Sporen und Pilzgifte können sich im Raum ausbreiten, Allergien auslösen und Atemwegserkrankungen wie Asthma verschlimmern.

Waschbeckenkontrolle auf dem Campus

Wenn Pilze in der menschlichen Welt so allgegenwärtig sind, wo lauern sie dann noch überall? Taugen etwa auch die Abflussrohre von Waschbecken als Pilz-Habitat? Um das herauszufinden, sammelten Forschende um Zoe Withey von der englischen University of Reading Proben aus über 250 öffentlichen Waschbecken auf dem Campus ihrer Universität.

Dafür tupften sie das Innere des Siphons, des s-förmig gebogenen Rohrabschnittes unterhalb des Abflusses, mit sterilen Wattestäbchen ab. Die so gesammelten Proben analysierten die Wissenschaftler daraufhin im Labor und ordneten die darin enthaltene DNA verschiedenen bekannten Pilzarten zu.

Vielfältige Pilz-Wohngemeinschaft

Das Ergebnis: Das Forschungsteam identifizierte insgesamt 605 verschiedene Pilzarten, die sich in den Rohren der Campus-Waschbecken tummelten. Die Pilzpopulation war an allen getesteten Waschbecken sehr ähnlich aufgebaut. Auch zwischen Männer- und Frauentoiletten konnten Withey und ihre Kollegen keinen messbaren Unterschied feststellen.

Der häufigste Vertreter innerhalb der „Pilz-WGs“ waren demnach Pilze der Gattung Exophiala – umgangssprachlich „schwarze Hefen“ – mit einem Anteil von rund 20 Prozent. Diese Pilze können Haut- und Nagelinfektionen auslösen und sind sehr robust. Weder hohe Temperaturen noch ein saurer pH-Wert noch Nährstoffmangel können ihnen groß etwas anhaben, wie die Forschenden erklären. Außerdem sei es Exophiala-Pilzen sogar möglich, sich von Kohlenstoff aus Seife und Reinigungsmitteln zu ernähren.

Weitere elf Prozent der pilzlichen WG-Bewohner ordneten Withey und ihr Team außerdem den Zuckerhefen (Saccharomyces) zu, wozu auch die im Supermarkt erhältliche Backhefe gehört. Zudem ließen sich in den Abflussrohren Vertreter der Bodenpilz-Gattung Fusarium mit einem Anteil von circa fünf Prozent nachweisen. Sie können bei uns Menschen unter anderem Nasennebenhöhlenentzündungen verursachen, einige Arten produzieren aber auch stark giftige Toxine.

Gefahr für immungeschwächte Menschen

Pilze in einer warmen, feuchten Umgebung zu finden, wie sie auch in einem Abflussrohr herrscht, war für die Forschenden zwar keine große Überraschung. „Aber Waschbecken wurden bisher als potenzielle Reservoirs für diese Mikroorganismen übersehen. Dies könnte eine wirklich wichtige Erkenntnis für diejenigen sein, die immungeschwächten Menschen helfen, Infektionen zu vermeiden“, erklärt Witheys Kollege Soon Gweon.

Gerade in Krankenhäusern oder Pflegeheimen könnten sie ein ernsthaftes Gesundheitsrisiko darstellen. Denn die leichten Pilzsporen können mit Wasserdampf und winzigen Tröpfchen auch nach oben gerissen werden und in die Atemluft gelangen. „Wir würden uns wünschen, dass Reinigungsprotokolle entwickelt werden, die die Kolonisierung von Waschbecken und Syphon bekämpfen, insbesondere in Umgebungen, in denen viele Menschen ein einziges Waschbecken benutzen.“

Außerhalb gesundheitlicher Einrichtungen, wie etwa auf dem Campus, wo die Proben genommen wurden, sei das Gesundheitsrisiko jedoch möglicherweise zu vernachlässigen, wie die Forschenden erklären. (Environmental DNA, 2022; doi: 10.1002/edn3.375

Quelle: University of Reading

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