Biotechnologie

Weg frei für neues Gentechnikgesetz

Neue Richtlinie bleibt umstritten

Der Bundestag hat am 26. November 2004 den Einspruch des Bundesrates zum Gentechnik-Gesetz zurückgewiesen. Damit kann das Gesetz bis zum Jahresende in Kraft treten. Für Landwirtschaft und Verbraucher sollen damit nach Angaben der Bundesregierung „Schutz, Transparenz und Rechtssicherheit“ hergestellt werden.

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Ziel des Gentechnik-Gesetzes ist es, die konventionelle gentechnikfreie und die ökologische Landwirtschaft vor Verunreinigungen durch gentechnisch veränderte Organismen zu schützen. Verhindert werden sollen damit beispielsweise unbeabsichtigte Auskreuzungen durch Pollenflug.

Bundesverbraucherministerin Renate Künast sagte nach der Abstimmung: „Ich bin froh, dass damit endlich Klarheit für Verbraucherinnen und Verbraucher geschaffen wurde – und für die Landwirte.“

Pro…

Lob für die neue Richtlinie kam von Umweltschutzorganisationen wie dem Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND). Gegen massive Widerstände aus Industrie, Opposition und Teilen der SPD sei es gelungen, im Gesetz das Verursacherprinzip zu verankern. So müssten bei Verunreinigungen von gentechnikfreien Feldern diejenigen haften, die gentechnisch veränderte Pflanzen anbauten. Außerdem seien die Gentech-Nutzer künftig verantwortlich, Maßnahmen gegen die Verunreinigung gentechfreier Produkte zu ergreifen.

Auch der Naturschutzbund NABU begrüßte das neue Gentechnikgesetz grundsätzlich, sieht aber den Umwelt- und Naturschutz als Verlierer dieser Neufassung. Während der erste Gesetzesentwurf für den Umwelt- und Naturschutz noch recht positiv ausgesehen habe, sei dieser Bereich bei der Anpassung zu einem Gesetz ohne Zustimmungspflicht des Bundesrates stark beschnitten worden, sagte NABU-Präsident Olaf Tschimpke: „Eine beim Bundesamt für Naturschutz angesiedelte Monitoringstelle, die eine neutrale Überwachung gewährleisten könnte, ist schlicht unter die Räder gekommen.“

Der NABU sehe die direkten und indirekten ökologischen Schäden durch die Agro-Gentechnik unzureichend berücksichtigt. Als Folge der sich ändernden landwirtschaftlichen Praxis müsse mit industriellen Monokulturen und weiterem Artenschwund sowie dem Verlust der landestypischen Identität der Kulturlandschaft gerechnet werden.

…und Contra

Der Deutsche Bauernverband (DBV) spricht dagegen in einer ersten Stellungnahme von einer misslungenen Umsetzung der EU-Leitlinien. Der DBV bleibt bei seiner Beurteilung, dass vor allem die überzogene Haftungsregelung jeden Landwirten davon abhalten sollte, gentechnisch veränderte Pflanzen anzubauen – selbst in einem Erprobungsanbau. Die Konsequenz des Gentechnikgesetzes wird sein, dass auch Forschungs- und Entwicklungsarbeiten unterbleiben, die notwendig sind, um die Chancen und Risiken dieser grünen Gentechnologie vorurteilsfrei zu prüfen.

„Innovationen werden per Gesetz blockiert und die Zusagen von Frau Künast, die sie erst vor kurzem vor dem Bundesrat gemacht hat, werden nicht eingehalten“, kritisierte Peter Stadler, Vorsitzender der Deutschen Industrievereinigung Biotechnologie (DIB), das Abstimmungsergebnis im Bundestag. „Wir steuern damit in Deutschland in der Pflanzenbiotechnologie auf ein langjähriges Koma zu.“

Keine schleichende Einführung grüner Gentechnik

Das Gesetz wird in Zukunft das Nebeneinander von herkömmlicher Landwirtschaft (einschließlich der ökologischen) und der Landwirtschaft regeln, die gentechnisch veränderter Organismen anbaut. Verhindert werden soll damit eine schleichende Einführung der so genannten grünen Gentechnik, die dem Verbraucher keine Wahlmöglichkeit gibt. „Grün“ wird diese Gentechnik genannt, weil sie die gentechnische Veränderungen von Pflanzen betrifft.

Mit der Novelle des Gentechnikrechts wird die EU-Freisetzungsrichtlinie in deutsches Recht umgesetzt. Der Gesetz-Entwurf enthält mehrere sich ergänzende Maßnahmen zum Schutz des gentechnikfreien Anbaus. Als wesentliche Kernpunkte des Gesetzes:

– Schutz der gentechnikfreien Landwirtschaft vor schleichender Dominanz gentechnisch veränderter Organismen.

– Klare Haftungsregelung, die bei wesentlicher Beeinträchtigung durch die Agro-Gentechnik die Durchsetzung von Schadensersatzansprüchen erleichtert.

– Ein öffentlich zugängliches Bundesregister mit den Flächen, auf denen gentechnisch veränderte Pflanzen angebaut werden, schafft vollständige Transparenz.

– Verbesserte Regelungen zum Schutz ökologisch sensibler Gebiete vor GVO-Eintrag.

– Konkrete Anforderungen zur Einhaltung der guten fachlichen Praxis verbunden mit einer Produktinformationpflicht der GVO-Saatgut-Anbieter schaffen Rechtssicherheit.

Für Schäden durch Gentechnik haftet der Verursacher

Für den besonderen Schutz eines gentechnikfreien Anbaus sieht der Gesetz-Entwurf den Grundsatz vor, dass die Landwirte, die gentechnisch veränderte Pflanzen anbauen, für unerwünschte Ausbreitungen ihrer Gen-Pflanzen haften. Beispielsweise dann, wenn der Ökoweizen eines Biobauern mit Pollen eines benachbarten Gen-Weizenfeldes befruchtet wird und der Biobauer seinen Weizen nicht mehr als Ökoprodukt verkaufen kann.

Bereits im April 2004 ist die Kennzeichnungspflicht für Gen-Produkte europaweit in Kraft getreten. Damit kann jede Verbraucherin, jeder Verbraucher im Laden gentechnisch veränderte Produkte erkennen und sich für oder gegen sie entscheiden.

(Bundesregierung, NABU, BUND, DBV, DIB, 29.11.2004 – DLO)

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