Biologie

Weiße Haie sind Methusalems der Meere

Die Meeresräuber werden sehr viel älter als bisher gedacht

Weiße Haie wachsen langsam, werden dafür aber sehr alt © Greg Skomal/ MA Marine Fisheries

Weiße Haie sind echte Methusalems der Meere. Denn die großen Meeresräuber leben doppelt bis dreifach so lange wie bisher gedacht: Männliche Weiße Haie können das stattliche Alter von bis zu 73 Jahren erreichen, Weibchen immerhin noch 40 Jahre. Sie gehören damit zu den langlebigsten Knorpelfischen überhaupt. Diese Entdeckung erklärt auch, warum die Weißen Haie so langsam wachsen und erst so spät geschlechtsreif werden – und hilft auch, diese bedrohten Meeresräuber besser zu schützen.

Es ist gar nicht so leicht herauszufinden, wie alt ein Weißer Hai ist. Denn fragen kann man die Tiere ja leider nicht und auch ihre äußeren Merkmale verraten nicht allzu viel über ihr Alter. Wollen Biologen die Lebensdauer dieser Fische ermitteln, sind sie daher auf anatomische Indizien angewiesen – im Fall der Haie auf den Aufbau ihrer Wirbelknochen. Denn ähnlich wie die Jahresringe von Bäumen wächst auch dieser Knochen jedes Jahr eine Schicht weiter an.

Jahresringe im Wirbelknochen

Diese Schichten erscheinen bei mikroskopischer Untersuchung als abwechselnd helle und dunkle Schichten. Allerdings sind diese Banden gerade bei Weißen Haien undeutlicher und schmaler als bei anderen Haiarten und daher schlecht zu erkennen. Und noch etwas kommt hinzu: „Traditionellerweise hat sich die Altersbestimmung der Haie darauf verlassen, dass jede Bande einem Jahr entspricht“, erklärt Koautorin Lisa Natanson vom Fischereilabor der US National Oceanic and Atmospheric Administration (NOAA) in Narragansett.

Ausgehend von dieser Annahme ermittelten Forscher bisher für Weiße Haie im Pazifik eine Lebensdauer von maximal 22 Jahren, im Indischen Ozean von 20 Jahren. In letzter Zeit allerdings mehren sich Zweifel an der Jahresring-Theorie. Es gibt Hinweise darauf, dass die Hell-Dunkel-Banden nicht in allen Fällen für nur jeweils ein Jahr stehen. Das aber könnte bedeuten, dass die großen Meeresräuber in Wirklichkeit älter werden als bisher bestimmt.

Feine Schichten kennzeichnen das jährliche Wachstum im Wirbelknochen © Tom Kleindinst / WHOI

Isotop aus Kernwaffentests als Altersanzeiger

Um das zu überprüfen, setzten Li Ling Hamady von der Woods Hole Oceanographic Institution und ihre Kollegen ein physikalisches Datierungsverfahren ein. Dafür nutzten sie Wirbelknochen von Weißen Haien, die zwischen 1967 und 2010 im Nordatlantik gefangen wurden und deren Knochen im Fischereilabor der NOAA gesammelt und aufbewahrt waren. Diese Wirbelknochen untersuchten die Forscher zum einen mit einem Stereomikroskop auf ihre Banden hin.

Zum anderen aber ermittelten sie den Gehalt des Kohlenstoff-Isotops C14 in den Knochen. Dieses Isotop wurde in den 1950er und 1950er Jahren durch die Kernwaffentests vermehrt gebildet und von den damals lebenden Tieren in ihre Knochensubstanz eingelagert. Die Konzentration erlaubt daher Rückschlüsse auf die Lebenszeit und damit das Alter eines Tieres.

Eine Sammlung von Haiknochen half den Forschern bei der Altersbestimmung © Tom Kleindinst/ WHOI

Echte Methusalems

„Unsere Ergebnisse erweitern das maximale Alter und die Lebensdauer der Weißen Haie dramatisch“, berichtet Hamady. Denn der größte männliche Hai wurde nach ihren Analysen 73 Jahre alt, das größte Weibchen immerhin noch 40 Jahre. Damit ist die Lebensdauer dieser Meeresräuber zwei bis dreimal so lang wie bisher angenommen. Weiße Haie gehören damit zu den langlebigsten Vertretern der Knorpelfische.

Und noch etwas zeigte die Untersuchung: Die Banden im Wirbelknochen scheinen bei jüngeren bis mittelalten Tieren tatsächlich jährlich abgelagert zu werden. Bei größeren und damit älteren Haien jedoch verändert sich dies und die Banden werden so dünn, dass teilweise mehrere Jahre in einer zusammengefasst erscheinen. Dieser Effekt könnte zur den vorherigen Fehlschätzungen geführt haben, so die Forscher.

Die neuen Erkenntnisse sind auch für den Schutz und Erhalt der Weißen Haie wichtig. Denn weil sie so langsam wachsen und erst spät geschlechtsreif werden, vermehren sich diese Meeresräuber nur langsam. Zu wissen, dass beispielsweise die Männchen sehr viel älter werden als die Weibchen, kann dazu beitragen, diese bedrohten Raubfische besser und gezielter als bisher zu schützen und auch, besser vorhersagen zu können, wie sich eine Population in einem Gebiet entwickeln wird.

(Woods Hole Oceanographic Institution, 09.01.2014 – NPO)

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