Medizin

Welt-Alzheimer-Bericht 2011: Zwei Drittel ohne Diagnose

Frühe Diagnose und Behandlung kann Fortschreiten der Demenz bremsen

36 Millionen Menschen weltweit leiden an Alzheimer, doch rund zwei Drittel von ihnen wissen nichts davon. Das schätzen Forscher im jetzt veröffentlichten Welt-Alzheimer-Bericht 2011. Damit zeige sich in den letzten Jahren kein Fortschritt in der Diagnose der Krankheit – und dies, obwohl ein Handeln in frühen Krankheitsstadien gerade bei Alzheimer wichtig sei. „28 Millionen Menschen mit Demenz haben noch keine Diagnose erhalten und haben daher keinen Zugang zu Behandlung, Information oder Versorgung“, konstatieren die Autoren des Reports. In den Industrieländern liege die Dunkelziffer zwischen 50 und 80 Prozent, in den Entwicklungsländern sogar bei 90 Prozent.

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Bereits in den vergangenen beiden Welt-Alzheimer-Berichten prognostizierten Forscher, dass sich die Anzahl der Menschen mit Demenzerkrankungen alle 20 Jahre verdoppeln wird. Von geschätzten 36 Millionen im Jahr 2010 soll sie sich auf 115 Millionen bis zum Jahr 2050 erhöhen. Der Grund dafür sei, dass das durchschnittliche Lebensalter steigt, schreiben die Forscher. Da die Demenz vor allem ältere Menschen treffe, nehme damit auch die Anzahl der Alzheimer-Betroffenen zu. Die Krankheit verursache bereits jetzt weltweit Kosten in der Höhe von einem Prozent des weltweiten Bruttoinlandsprodukts, berichten die Wissenschaftler. „Wenn Demenzkrankheiten ein Land wären, hätte es die 18. größte Wirtschaft der Erde“, schreiben sie in ihrem Bericht.

Früher Behandlungsbeginn kann Fortschreiten der Demenz bremsen

Die Alzheimer-Diagnose erfolge meist sehr spät im Krankheitsverlauf, sagen die Forscher. Das resultiere in einer substanziellen Behandlungslücke. „Die Unfähigkeit, Alzheimer rechtzeitig zu diagnostizieren, repräsentiert eine tragisch verpasste Möglichkeit, die Lebensqualität von Millionen von Menschen zu verbessern“, sagt Daisy Acosta, Direktorin der Organisation Alzheimer’s Disease International (ADI).

„Es ist einfach nicht wahr, dass eine frühe Diagnose ‚eh keinen Sinn hat‘ oder dass ohnehin nichts getan werden kann“, betonen die Autoren des Berichtes. Es gebe bereits Maßnahmen, die vor allem in den Frühstadien der Alzheimer-Erkrankung wirksam seien und das Fortschreiten des geistigen Abbaus verlangsamen können. Das habe die umfangreiche Auswertung von tausenden von Studien für den aktuellen Bericht ergeben. Auch eine Einweisung in ein Pflegeheim ließe sich mit solchen Behandlungen oft deutlich herauszögern.

Der Bericht nennt die Alzheimer-Krankheit eine der schwerwiegendsten sozialen, gesundheitlichen und wirtschaftlichen Krisen des 21. Jahrhunderts. Doch wenn die Regierungen weltweit schnell handelten und Forschungs- und Behandlungsstrategien entwickeln, könnten die Folgen dieser Krankheit für Menschen und Wirtschaften verringert werden, konstatieren die Autoren.

Frühe Diagnose erspart Kosten

Die Kosten durch Alzheimer für die Gesundheitssysteme ließen sich mit einer früheren Diagnose und Behandlung signifikant reduzieren, konstatieren die Forscher. Sie schätzen die Ersparnis bezogen auf den gesamten Krankheitsverlauf auf rund 10.000 US-Dollar pro Patient in den Industrieländern. Zurzeit schätze man die durchschnittlichen gesellschaftlichen Kosten auf 32.865 US-Dollar pro Jahr und Alzheimer-Patient. „Die Daten deuten darauf hin, dass die Regierungen jetzt ausgeben sollten um später zu sparen“, schreiben die Wissenschaftler.

„Es gibt allerdings keinen allgemeingültigen Weg, um die Behandlungslücke weltweit zu schließen“, sagt Martin Prince vom King’s College London, Hauptautor der dem Bericht zugrunde liegenden Studie. Jedes Land müsse eine individuell an die Verhältnisse angepasste nationale Demenzstrategie entwickeln, die eine frühe Diagnose fördere und die anschließende Versorgung gewährleiste. Als mögliche Maßnahmen nennen die Forscher die Einführung von diagnostisch ausgerichteten Schwerpunktkliniken, die Schulung von niedergelassenen Ärzten und eine bessere Kommunikation zwischen verschiedenen Teilen des Gesundheitssystems.

Link zum Report

(Alzheimer’s Disease International (ADI), 14.09.2011 – NPO)

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