Psychologie

Wer lügt am meisten?

Tendenz zur Unehrlichkeit ist von Alter und Geschlecht abhängig

Pinnochio
Männer lügen tendenziell häufiger als Frauen. © SIphotography/ iStock.com

„Pinocchios“ im Blick: Ob jemand zum Lügen neigt, ist von unterschiedlichen Faktoren abhängig – doch von welchen? Eine Meta-Analyse bestätigt nun, dass die Tendenz zur Unehrlichkeit unter anderem von Alter und Geschlecht beeinflusst wird. Demnach lügen jüngere Menschen häufiger als ältere und Männer häufiger als Frauen. Daneben entscheidet aber auch die konkrete Situation darüber, ob wir flunkern oder ehrlich bleiben.

Lügen gilt in den meisten Gesellschaften als unmoralisch. Trotzdem lügen Menschen immer wieder, um sich Vorteile zu verschaffen – sei es die Schummelei bei der Steuererklärung oder ein korruptes Geschäft im großen Stil. Doch welche Faktoren treiben uns zur Unehrlichkeit? „Obwohl es zahlreiche Studien gibt, die untersuchen, wer, wann und warum lügt, sind die Ergebnisse nicht eindeutig, teilweise sogar widersprüchlich“, sagt Philipp Gerlach vom Max-Planck-Institut für Bildungsforschung in Berlin.

Lügen Nonnen häufiger als Gefängnisinsassen? Lügt man eher online oder am Telefon? Welche Rolle spielen finanzielle Anreize beim Lügen? Um Fragen wie diese besser beantworten zu können, haben Gerlach und seine Kollegen nun eine umfangreiche Meta-Analyse zum Thema Unehrlichkeit durchgeführt. Insgesamt werteten sie dabei 565 Studien mit 44.050 Teilnehmern aus – darunter sowohl bereits veröffentlichte als auch noch nicht publizierte Arbeiten.

Männer lügen häufiger

Die Auswertung ergab unter anderem: Bei den untersuchten Experimenten logen 42 Prozent aller Männer, aber nur 38 Prozent aller Frauen. Damit untermauern die Ergebnisse die Vermutung, dass Männer häufiger lügen als Frauen – auch wenn der Unterschied nur gering ist. Außerdem bestätigte sich, dass jüngere Personen häufiger unehrlich sind als ältere. Dabei sank die Wahrscheinlichkeit, dass jemand lügt, mit jedem Jahr um 0,28 Prozentpunkte: Während sie bei einer 20-jährigen Person bei etwa 47 Prozent lag, belief sie sich bei einer 60-jährigen nur noch auf 36 Prozent.

Andere, immer wieder diskutierte Faktoren ließen sich dagegen nicht bestätigen, wie die Forscher berichten – zum Beispiel die Rolle bestimmter Studienfächer oder Berufe. So ergab sich etwa kein Hinweis darauf, dass Wirtschaftsstudierende besonders häufig lügen.

Auch die Situation ist entscheidend

Ein weiteres Ergebnis der Untersuchung: Auch der für die jeweilige Studie genutzte Versuchsaufbau wirkt sich offenbar auf die Tendenz zur Unehrlichkeit aus. So machte es beispielsweise einen Unterschied, ob die Teilnehmer an einem Münzwurf-Spiel teilnahmen oder an einem Experiment, bei dem persönliche Fertigkeiten abgefragt wurden – zum Beispiel, ob die Probanden ein Mathe-Rätsel richtig gelöst hatten.

„Möchte man wissen, in welchem Ausmaß Menschen geneigt sind, sich unehrlich zu verhalten, muss man unbedingt berücksichtigen, mit welchen experimentellen Situationen und Versuchungen man Menschen konfrontiert. Dies deutet daraufhin, dass Unehrlichkeit nicht einfach nur die Eigenschaft einer Person ist, sondern systematisch mit den Bedingungen der Umwelt zusammenspielt“, schließt Gerlachs Kollege Ralph Hertwig. (Psychological Bulletin, 2019; doi: 10.1037/bul0000174)

Quelle: Max-Planck-Institut für Bildungsforschung

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