Verhaltensforschung

Werden auch Affen im Alter verschroben? 

Die sozialen Netzwerke von Makakenweibchen schrumpfen im Alter ähnlich wie beim Menschen

affenweibchen
Die alten Assammakaken-Weibchen zeigen mit der Zeit immer weniger soziales Verhalten. © Thawat Wisate / Deutsches Primatenzentrum GmbH 

Eigenbrötlerische Primaten: Genau wie wir Menschen werden auch Affen mit zunehmendem Alter unsozialer – sie suchen seltener Kontakt zu anderen, wie Forschende herausgefunden haben. Demnach investieren betagte Makakenweibchen weniger Zeit und Energie in die gegenseitige Fellpflege mit Artgenossinnen als jüngere. Die Erkenntnisse über das abnehmende soziale Engagement der Affen könnten auch Auskunft über die Ursprünge der mangelnden Geselligkeit von alten Menschen geben. 

Alternde Menschen wenden sich verstärkt ihrer Familie und engen Freunden zu. Diese Umorientierung auf wenige, aber dafür besonders enge Beziehungen könnte erklären, warum Menschen mit zunehmendem Alter immer weniger mit ehemaligen Bekannten interagieren. Doch die Tendenz, im Alter einzelgängerisch zu werden, ist kein ausschließlich menschliches Verhalten: Obwohl sich Bonobos, Orang-Utans und Co. als überraschend sozial erweisen sich beispielsweise für Gefallen erkenntlich zeigen, sich gegenseitig necken und auch nach Jahrzehnten ihre Freunde und Verwandte wiedererkennen häufen sich auch bei den Primaten Hinweise auf eine Tendenz zu eigenbrötlerischem Verhalten im Alter.  

Fellpflege als Beziehungsanzeiger 

Doch aus welchem Grund verbringen Menschen und Primaten mit zunehmendem Alter weniger Zeit mit Artgenossen? Dieser Frage sind die Biologen um Baptiste Sadoughi vom Leibniz-Institut für Primatenforschung und der Universität Göttingen nachgegangen. Dafür beobachteten sie die sozialen Interaktionen von freilebenden Assammakaken (Macaca assamensis) einer dem Menschen nahe verwandten Primatenart, im Phu Khieo Wildlife Sanctuary in Thailand.  

Die Forschenden zeichneten auf, wie nah sich die Makakenweibchen gegenseitig kamen und wie häufig sie sich affentypisch untereinander das Fell pflegten. Die gegenseitige Fellpflege gilt als Anzeiger für die Intensität der Beziehung. „In unserer Studie zum sozialen Altern konzentrierten wir uns auf die Weibchen, da diese ihr Leben lang mit ihren Müttern, Schwestern und Töchtern in ihrer Geburtsgruppe bleiben, sodass wir Verhaltensänderungen im Laufe ihres gesamten Lebens verfolgen können“, erklärt Sadoughi. 

Insgesamt zeichnete das Team mehr als 8.000 Interaktionen zwischen den Makakenweibchen auf. Die Auswertung dieser Daten gab Auskunft über den Zusammenhang zwischen dem Alter der Affenweibchen und deren Sozialverhalten. 

Im Alter werden die Affenweibchen unsozialer 

Das Ergebnis: Die Affenweibchen interagierten im Alter zwar weiterhin mit ihren engen Sozialpartnerinnen, die Zahl dieser Kontakte nahm aber ab. Auch insgesamt zogen sie sich allmählich aus sozialen Interaktionen zurück: Sie unternahmen weniger Annäherungsversuche zu anderen Gruppenmitgliedern und investierten auch insgesamt weniger Zeit in deren Fellpflege. „Ältere Weibchen waren insgesamt seltener bereit, andere Weibchen zu pflegen”, fassen Sadoughi und sein Team die Ergebnisse zusammen.

Doch weshalb zogen sich die betagten Affenweibchen zurück? Als Grund für das verschlossenere Verhalten der alten Makakendamen vermuten die Forschenden körperliche Erschöpfung. „Wir gehen davon aus, dass ältere Weibchen um jeden Preis versuchen, mit der Gruppe Schritt zu halten, da die Nähe zu anderen einen der besten Schutzmechanismen gegen Raubtiere darstellt. Wenn sie das erreicht haben, fehlt ihnen jedoch die Motivation oder die Energie, sich sozial mit anderen zu beschäftigen“, erklärt Sadoughi. 

Menschen und Affen bevorzugen bestimmte Partner 

Da menschliches Verhalten das Ergebnis unserer evolutionären Vergangenheit ist, könnten diese Forschungsergebnisse auch Aufschluss über die Ursachen für menschliches eigenbrötlerisches Verhalten im Alter geben. Genau wie Menschen knüpfen auch Makakenweibchen beispielsweise engere und weniger enge Beziehungen zu bestimmten Artgenossinnen. Mit wem ein Weibchen in der Vergangenheit mehr interagiert hat, sage voraus, mit wem sie später häufiger interagieren wird, so Sadoughi. 

Doch im Gegensatz zu Menschen gleichen die Makakenweibchen offenbar ihre weniger werdenden Beziehungen nicht durch häufigere Interaktionen im engen Bekanntenkreis aus. „Diese Tendenz, selektiv zu sein und bestimmte Partner anderen vorzuziehen, wird mit dem Alter nicht stärker, wie wir es vom Menschen kennen, sondern bleibt gleich. Selektivität in der Partnerwahl kann also nicht das altersabhängige Schrumpfen des sozialen Netzwerks erklären“, ordnet Sadoughi die Ergebnisse ein. (Proceedings of the Royal Society, 2024; doi: 10.1098/rspb.2023.2736) 

Quelle: Deutsches Primatenzentrum GmbH (DPZ) – Leibniz-Institut für Primatenforschung  

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