„Dufte“ Erinnerung: Manche Gerüche können Erinnerungen an längst vergangene Zeiten wecken. Forscher haben nun herausgefunden, welche Bereiche des Gehirns für dieses Phänomen verantwortlich sind. Demnach kann eine bestimmte Region im Riechhirn als Archiv für Langzeiterinnerungen dienen. Damit ein Geruch dort tatsächlich langfristig abgespeichert wird, sind jedoch auch Signale von anderen Hirnregionen nötig.
Ob der Duft unserer Leibspeise aus Kindertagen oder das Parfum, das wir mit einer geliebten Person verbinden: Manche Gerüche können Erinnerungen an lange zurückliegende Erlebnisse wecken. Plötzlich versetzt uns das, was unsere Nase wahrnimmt, dann in längst vergangene und mitunter schon vergessen geglaubte Zeiten zurück. Wohl kaum ein anderer unserer Sinne ist so unmittelbar mit dem Erinnern verknüpft wie der Geruchssinn.
Doch welchen Weg muss eine Duftinformation nehmen, damit sie im Gehirn als Langzeiterinnerung abgespeichert wird? Diese Frage haben sich nun Forscher um Christina Strauch von der Ruhr-Universität Bochum gestellt – und sich dabei auf den sogenannten piriformen Cortex konzentriert, einen Teil des Riechhirns: „Es war bekannt, dass der piriforme Cortex dazu in der Lage ist, kurzzeitig Dufterinnerungen zu speichern. Wir wollten wissen, ob es dort auch Langzeiterinnerungen gibt“, berichtet die Neurowissenschaftlerin.
Langfristig abgespeichert?
Für ihre Studie untersuchten die Wissenschaftler an Ratten, ob dieser Teil des Gehirns zu synaptischer Plastizität fähig ist – eine wesentliche Voraussetzung für das Abspeichern von Erinnerungen in Gedächtnisstrukturen unseres Denkorgans – und ob diese Effekte über mehr als vier Stunden bestehen bleiben. Denn erst dann spricht man von einer Langzeiterinnerung.
Um eine Geruchserinnerung zu erzeugen, lösten Strauch und ihre Kollegen durch elektrische Impulse im Gehirn künstlich eine Sinneswahrnehmung aus. Bekannt war, dass solche Stimulationen langfristige Effekte im Hippocampus bewirken können, einem Hirnareal, das für die Bildung des Langzeitgedächtnisses zuständig ist. Im piriformen Cortex hingegen löste die Stimulation zunächst keine Speicherung von Langzeitinformationen aus.
Archiv für Langzeiterinnerungen
In einem zweiten Schritt stimulierte das Team nicht den piriformen Cortex selbst, sondern eine übergeordnete Gehirnregion: den orbitofrontalen Cortex. Dieser ist für Aufgaben wie das Unterscheiden sensorischer Erlebnisse zuständig. Es zeigte sich: Durch die Stimulation dieses Bereichs entstanden tatsächlich die gewünschten Veränderungen im Riechhirn.
„Unsere Studie zeigt, dass der pirifiorme Cortex sehr wohl als Archiv für Langzeiterinnerungen dienen kann, allerdings muss er erst vom orbitofrontalen Cortex – als übergeordneter Hirnregion – ein Signal bekommen, dass ein Ereignis als Langzeiterinnerung abgespeichert werden soll“, erklärt Strauch. Das Abspeichern von langfristigen Geruchserinnerungen sei demzufolge ein komplexer Prozess, an dem mehrere Hirnregionen beteiligt sind. (Cerebral Cortex, 2017; doi: 10.1093/cercor/bhx315)
(Ruhr-Universität Bochum, 20.12.2017 – DAL)