Babys mit Hammerkopf: Biologen haben erstmals beobachtet, wie ungeborene Hammerhaie ihren typischen, hammerförmigen Kopf entwickeln. Er bildet sich demnach erst ab der Mitte der Schwangerschaft. Zu diesem Zeitpunkt wächst der Schädel der Jungtiere stark an den Seiten und drückt dabei Augen und Nasenlöcher nach außen. Die Embryonen sind währenddessen gerade einmal zwei Zentimeter lang und zwei Monate alt. Bis zu ihrer Geburt wachsen sie zwar noch, doch an ihrer Kopfform verändert sich fortan nicht mehr viel.
Hammerhaie gehören mit ihrem namensgebenden hammerförmigen Kopf zu den ungewöhnlichsten Tieren des Meeres. Der auf beiden Seiten verbreiterte und stark abgeflachte Schädel – auch Cephalofoil genannt – hilft den Raubfischen dabei, den Wasserwiderstand beim Schwimmen zu verringern und Beutetiere präzise zu orten. Einerseits kann ihre feinfühlige Schnauze die elektrischen Signale von Fischen aufspüren, selbst wenn diese sich im Sand verstecken, und andererseits ermöglichen die seitlich angeordneten Augen und Nasenlöcher ein größeres Sicht- und Geruchsfeld.
Dem Hammer auf der Spur
Doch wie genau kommt der Hammerhai zu seinem Hammer? Was wie der Beginn eines schlechten Witzes mit der Antwort „aus dem Baumarkt“ klingt, ist in Wirklichkeit gar nicht so einfach zu beantworten. Denn anders als die meisten anderen Fische legen Hammerhaie keine Eier, sondern sind lebendgebärend. Das macht es äußerst schwer, die schrittweise Entwicklung eines Embryos mitzuverfolgen. Hinzu kommt, dass viele Haiarten bedroht sind, weshalb es verboten ist, die Raubfische zu töten, nur um ihre Jungen untersuchen zu können.
Um dennoch herauszufinden, wie und wann ein Hammerhai-Embryo seinen charakteristischen Cephalofoil entwickelt, konnten Steven Byrum von der University of Florida und seine Kollegen allerdings einen Umweg nehmen. Dafür griffen sie auf bereits konservierte Embryonen zurück, die für frühere Studien gesammelt wurden. Auf diese Weise war es möglich, unterschiedlich alte Jungtiere des im Golf von Mexiko heimischen Schaufelnasen-Hammerhais (Sphyrna tiburo) zu begutachten und chronologisch aufzureihen. So wirkte es, als hätten die Forscher ein und demselben Embryo beim Wachsen im Mutterleib beobachtet.
Und plötzlich wächst ein Hammer
Das Ergebnis: Bis zur Mitte der Schwangerschaft nach circa zwei Monaten sahen die Hammerhai-Embryonen noch „normal“ aus und waren kaum von andere Haiarten zu unterscheiden, wie Byrum und seine Kollegen berichten. Dann vergrößerte sich der Kopf der rund zwei Zentimeter langen Embryonen jedoch plötzlich. Während ihr Schädel an den Seiten immer weiter wuchs, konnten die Forscher beobachten, wie sich Augen und Nasenlöcher zunehmend nach außen drückten.
Innerhalb kürzester Zeit hatten die Raubfische schließlich die für Schaufelnasen-Hammerhaie typische gebogene Kopfform entwickelt, mit der ihr Schädel nun der Fläche einer Schaufel ähnelte, wie Byrum und sein Team berichten. Von da an veränderte sich ihr Cephalofoil nicht mehr erheblich. Stattdessen wuchsen die Embryonen in die Länge, sodass sie zwei Monate später, kurz vor ihrer nie stattgefundenen Geburt, schließlich 18 Zentimeter lang waren.
Hammerbildung anderer Arten noch unbekannt
Erwachsene Schaufelnasen-Hammerhaie werden bis zu einen Meter lang und gehören damit zu den kleinsten Hammerhaien. Auch ihr Cephalofoil ist im Vergleich kaum ausgeprägt. Bei anderen Hammerhaien stehen die Kopfflügel teilweise so weit nach außen ab, dass sie bis zu 50 Prozent der Körperlänge messen. „Das vergleichsweise reduzierte Cephalofoil des Schaufelnasen-Hammerhais wirft Fragen über die Entwicklung anderer Hammerhaiarten mit proportional größeren Köpfen auf“, sagen Byrum und seine Kollegen.
„Während die anfängliche Entwicklung der Kopfflügel innerhalb der Gruppe ähnlich verlaufen könnte, sind die Unterschiede in Bezug auf den Zeitpunkt und die Wachstumsgeschwindigkeit zwischen den Arten ungewiss“, so die Forscher weiter. Zukünftige Studien könnten somit mehr darüber verraten, wie sich das Cephalofoil der anderen acht Hammerhai-Arten entwickelt. (Developmental Dynamics, 2023; doi: 10.1002/dvdy.658)
Quelle: University of Florida