Biologie

Wie die Zähne von Piranhas nachwachsen

Beißer auf jeder Seite werden gleichzeitig durch neue ersetzt

Piranha
Unterhalb der aktuellen Beißer wächst bei diesem Piranha bereits eine neue Zahnreihe nach (rechts). © University of Washington/ George Washington University

Überraschung mit Biss: Die scharfen Zähne von Piranhas wachsen nach – aber nicht allmählich. Stattdessen werden alle Zähne einer Kieferseite gleichzeitig ersetzt, wie Untersuchungen nun bestätigen. Der Grund für diesen erstaunlich simultanen Zahnaustausch: Die Zähne der Raubfische sind miteinander verbunden und bilden einen durchgehenden Block. Wahrscheinlich kann so die Belastung beim Beißen und Kauen gleichmäßiger verteilt werden, vermuten die Forscher.

Piranhas sind gefürchtete Räuber. Haben die in Südamerikas Flüssen heimischen Fische ein Beutetier entdeckt, schießen sie blitzschnell vor. Vor allem andere Fische und Krustentiere stehen dabei auf dem Speiseplan der Jäger. Die meist im Schwarm lebenden Piranhas reißen aber auch ganze Fleischstücke aus größeren Opfern heraus. Dank der Waffe in ihrem Maul ist das für die Tiere quasi ein Kinderspiel – sie besitzen rasiermesserscharfe Zähne, die eine durchgehende sägeartige Schneide bilden.

Das Praktische: Sind die Beißer der Piranhas abgenutzt, wachsen sie wie bei Haien einfach nach. Angeblich verlieren sie dabei alle Zähne auf einer Seite des Kiefers gleichzeitig. Wie genau das vonstattengeht, war bisher allerdings unbekannt. Matthew Kolmann von der George Washington University in Washington und seine Kollegen haben den Zahnaustausch im Maul der Raubfische daher nun genauer unter die Lupe genommen.

Serrasalmus medinai
CT-Aufnahme eines Piranhas der Art Serrasalmus medinai - in seinem Bauch sind die Flossen seines letzten Opfers zu sehen. © University of Washington

Eine neue Zahnreihe unter der alten

Für ihre Studie untersuchten die Wissenschaftler Piranhas und ihre engen Verwandten, die pflanzenfressenden Pacus. Insgesamt durchleuchteten sie dabei 93 Fische 40 unterschiedlicher Arten mithilfe der Computertomografie (CT) und führten Gewebeanalysen durch. „So bekamen wir ein besseres Bild davon, was passiert“, berichtet Kolmanns Kollegin Karly Cohen.

Die Ergebnisse zeigten: Tatsächlich scheinen bei Piranhas und ihren Cousins alle Zähne einer Seite simultan nachzuwachsen. So erkannten die Forscher auf ihren Aufnahmen, dass unter den alten Zähnen bereits eine Reihe neuer Beißer wächst. „Die neuen Zähne tragen die alten sozusagen als Hut, bis sie bereit sind, durchzubrechen“, erklärt Mitautor Adam Summers von der University of Washington in Friday Harbor. Dank dieser Strategie sind die Piranhas niemals zahnlos.

Piranha-Zähne
Alle Zähne einer Kieferseite greifen bei Piranhas ineinander. © Frances Irish/ Moravian College

Alle Zähne sind miteinander verbunden

Doch warum werden die Zähne einer Seite überhaupt alle auf einmal ersetzt? Auch dafür fanden die Forscher eine Erklärung: Die Zähne auf jeder Seite des Mauls greifen bei den Fischen ineinander. Sie bilden zwei starke, zusammenhängende Blöcke, wie die Untersuchungen ergaben. Das bedeutet, dass es schwierig ist, Zähne einzeln ausfallen zu lassen und zu ersetzen.

Kolmann und sein Team vermuten, dass dieses Merkmal den Fischen beim Beißen und Kauen Vorteile bringt. Denn dadurch können ungewöhnliche Belastungen gleichmäßiger auf alle Zähne verteilt werden. Weil die zusammenhängenden Zahnreihen mit einer Ausnahme bei allen untersuchten Piranha- und Pacuarten vorkommen, scheinen sie den Wissenschaftlern zufolge keine Anpassung an eine fleischfressende Lebensweise zu sein.

„Es gibt unter Piranhas und Pacus allerdings eine enorme Vielfalt in der Art und Weise, wie die Zähne miteinander verbunden sind. Es existiert dabei offenbar ein Zusammenhang dazu, wie und wofür die einzelnen Arten ihre Beißer nutzen“, schließt Cohen. (Evolution and Ecology, 2019, doi: 10.1111/ede.12306)

Quelle: University of Washington

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