Biologie

Wie Fliegen kopfüber an der Decke landen

Landemanöver der Insekten sind komplexer als gedacht

Fliege
Wenn Fliegen kopfüber dann der Decke landen, vollführen sie eine akrobatische Meisterleistung. © MLiberra/ iStock.com

Akrobatisches Kunststück: Fliegen landen regelmäßig kopfüber an der Decke – wie den Insekten dies gelingt, haben Forscher nun untersucht. Demnach vollführen Fliegen beim Landeanflug eine Reihe zeitlich genau aufeinander abgestimmter und erstaunlich komplexer Manöver – von Beschleunigungsprozessen über Körperrotationen bis hin zum Ausfahren der Beinchen. Die neuen Erkenntnisse über diese Bewegungsabläufe sollen künftig bei der Entwicklung von Robotern helfen.

Den meisten Menschen gelten sie als lästige und unhygienische Plagegeister. Doch tatsächlich sind Fliegen ziemlich faszinierend. Studien zeigen, dass die Insekten weniger primitiv sind als gedacht und sogar über ein Schmerzgedächtnis verfügen. Auch ihr akrobatisches Talent ist beeindruckend: Fliegen sind in der Luft nicht nur extrem wendig, sie können auch problemlos auf den glattesten Oberflächen haften und sogar kopfüber an der Decke landen. Wie aber gelingt den kleinen Tieren das?

„An der Decke landende Fliegen oder andere Insekten sind ein so alltäglicher Anblick, dass sie kaum beachtenswert erscheinen. Tatsächlich sind die sensomotorischen Prozesse hinter diesem Verhalten aber weitestgehend rätselhaft“, erklären Forscher um Pan Liu von der Pennsylvania State University in University Park.

Wie landen Fliegen an der Decke? © Penn State University

Landeanflug im Blick

Um mehr über die Landemanöver der Flugkünstler herauszufinden, hat Lius Team nun Schmeißfliegen der Art Calliphora vomitoria beobachtet – mithilfe von Hochgeschwindigkeitskameras. Die Aufnahmen enthüllten bisher unbekannte Details über den Landevorgang und zeigten: Um sich aus dem Flug heraus kopfüber an der Decke zu platzieren, führen die Insekten eine Reihe von zeitlich genau aufeinander abgestimmten Bewegungen durch.

Eine erfolgreiche Landung vollzieht sich dabei in der Regel in vier wesentlichen Schritten, wie die Wissenschaftler berichten. Erstens nimmt die Fliege Fahrt in Richtung Decke auf und beschleunigt. Danach rotiert sie ihren Körper wie bei einem Radschlag und fährt dann ihre Beinchen in Richtung Decke aus. Schließlich landet sie mit einer letzten Körperdrehung, während die Vorderbeine schon fest am Untergrund haften.

Komplexe Bewegungsabläufe

„Die beobachteten Rotationsmanöver sind deutlich komplexer als bisher von Insekten bekannt“, betonen Liu und ihre Kollegen. Zudem scheint es bei der genauen Gestaltung des Landemanövers durchaus individuelle Unterschiede zu geben. Und: Nicht jeder Versuch dieser akrobatischen Übung ist von Erfolg gekrönt. Waren die einzelnen Bewegungskomponenten nicht perfekt koordiniert, missglückte die Landung. Die Fliegen kollidierten dann frontal mit der Decke, wie das Team beobachtete.

Allerdings können sich die Insekten nach einem gescheiterten Landeanflug offenbar schnell erholen, ihren Fehler korrigieren und doch noch kopfüber landen. „Bei diesem Typ Landung schweben die Fliegen dicht unter der Decke, greifen mit ihren Vorderbeinen nach dem Untergrund und schwingen ihren Körper an Land“, berichten die Forscher.

Das perfekte Timing

Dass die Fliegen es überhaupt schaffen, sich im richtigen Moment zu drehen und zu landen, ist bemerkenswert – und wahrscheinlich nur durch komplexe neuronale Vorgänge zu erklären. So fanden die Wissenschaftler bei weiteren Untersuchungen Hinweise darauf, dass die Insekten unter anderem visuelle Reize auswerten, um den perfekten Zeitpunkt für ihr Kunststück zu identifizieren.

Die Rate, mit der sich das anvisierte Ziel auf der Retina der Fliege vergrößert, gibt dem Insekt zum Beispiel Auskunft darüber, wie viel Zeit bis zur Kollision bleibt. Doch auch andere Sinneseindrücke könnten die Ausführung des Landemanövers beeinflussen.

Vorbild für Roboter?

Die Forscher hoffen, ihre neuen Erkenntnisse in Zukunft für die Konzeption von Robotern nutzen zu können. „Wir schauen uns die Natur zur Inspiration an, damit wir neue Technologien entwickeln können“, sagt Lius Kollege Bo Cheng. Denn kleinen Robofliegern fehlten bisher noch entscheidende Fähigkeiten, um fliegengleiche Kopfüber-Landungen zu meistern.

Die Ergebnisse legen nun nahe, dass solche Gefährte für erfolgreiche Landungen an der Decke nicht nur die entsprechende mechanische Ausrüstung mit Fahrwerken oder Beinen benötigen. Sie müssen auch über eine gewisse Rechenleistung verfügen, um zum Beispiel schnell Bilder verarbeiten zu können, wie die Wissenschaftler betonen. (Science Advances, 2019; doi: 10.1126/sciadv.aax1877)

Quelle: Penn State/ AAAS

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