Halluzinationen sind keineswegs die Folge eines „kaputten“ Gehirns. Im Gegenteil: Wer solche Trugbilder sieht, bei dem arbeitet das Gehirn sogar zu gut. Es interpretiert mehr in das Gesehene hinein als drinsteckt, wie ein Experiment nun belegt. Das Spannende daran: Der Übergang zwischen dem normalen Ergänzen unvollständiger Seh-Informationen und der Halluzination ist fließend – und keineswegs eine Domäne psychisch kranker Menschen.
Die Informationen, die unsere Augen oder anderen Sinnesorgane wahrnehmen, sind oft unvollständig. „Erst unser Gehirn lässt die Welt entstehen, die wir sehen“, erklärt Erstautor Christoph Teufel von der Cardiff University. „Es füllt die Lücken und ignoriert die Dinge, die nicht passen. Dadurch präsentiert es und ein Bild der Welt, das bereits bearbeitet ist und zu dem passt, was wir erwarten.“ Diese selbstständige Ergänzung ist auch für optische Täuschungen oder das Funktionieren des Daumenkinos verantwortlich.
Teufel und seine Kollegen belegen nun, dass die „Einmischung“ des Gehirns in unsere Wahrnehmung auch bei Halluzinationen eine entscheidende Rolle spielt. „Ein vorausschauendes Gehirn zu haben ist sehr nützlich – es bedeutet aber auch, dass wir nicht sehr weit davon entfernt sind, Dinge wahrzunehmen, die gar nicht vorhanden sind.“
Schwarz-Weiß-Bilder als Test
Um das zu prüfen, zeigten die Forscher 18 Versuchspersonen im Frühstadium einer Psychose und 16 gesunden Menschen eine Reihe von halbabstrakten, unvollständigen Schwarz-Weiß-Bildern, ähnlich dem oben gezeigten. Die Probanden sollten angeben, auf welchen Bildern ein Mensch zu erkennen war und auf welchen nicht – eine nahezu unmögliche Aufgabe.