Runde Tumorzellen sind besonders beweglich und aggressiv. Um in gesundes Köpergewebe einzudringen und Metastasen zu streuen, wechseln Krebszellen deshalb häufig in eine Kugelform. Wissenschaftler haben jetzt einen Mechanismus entschlüsselt, der für diese gefährliche Verwandlung der Krebszellen sorgt.
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Wie die Forscher des Pharmakologischen Instituts der Universität Heidelberg in der Fachzeitschrift „Genes & Development“ berichten, steuert das Protein Diaphanous1 (Dia1) die Bildung bestimmter Strukturen des Zellskeletts und damit dessen Form. Dadurch ist die Krebszelle in der Lage, eine dynamische, runde Gestalt anzunehmen.
„Der entdeckte Mechanismus könnte ein ebenso hoffnungsvoller wie attraktiver Ansatz für die Entwicklung von Medikamenten sein, um zukünftig gezielter und effektiver gegen metastasierende Krebszellen vorzugehen“, erklärt Dr. Robert Grosse, der am Pharmakologischen Institut eine Emmy Noether Nachwuchsforschergruppe leitet.
Wie sich Veränderungen im Zellskelett abspielen
Tumorzellen sind außerordentlich beweglich und „geschickt“, wenn es darum geht, in gesundes Gewebe einzudringen und Metastasen zu bilden: Sie passen sich der jeweiligen Beschaffenheit des Gewebes an, indem sie ihre Form ständig verändern. Ähnlich wie Embryonalzellen können Krebszellen gewissermaßen einen Schalter umlegen, um von einer Zellgestalt in die andere zu wechseln.
Diese Fähigkeit verdanken sie ihrem speziellen „Bauplan“, einem besonders geschmeidigen Zellskelett, das sich mit dem Muskel- und Skelettapparat des Menschen vergleichen lässt. Entscheidende Bauelemente des Zellskeletts sind die so genannten Aktinfilamente, fadenförmige Eiweißverbindungen, die sich verlängern und verkürzen können und dadurch die Zellform und -beweglichkeit beeinflussen.
Die Heidelberger Forscher entdeckten, dass „Dia1“ durch einen Mechanismus, der sich selbstständig verstärkt, die Aktin-Bauelemente des Zellskeletts koordiniert, und zwar dann, wenn das Zellskelett sich zusammenzieht: Die Voraussetzungen für die Kugelform der Tumorzelle sind geschaffen.
Formgeber durch Medikamente hemmen?
„In der Entwicklung spezieller Medikamente, die in der Lage sind, die Aktivität der Proteine aus der Diaphanous-Molekülgruppe gezielt zu hemmen und eindringende Krebszellen wirksam zu bekämpfen, könnte die Zukunft liegen“, skizziert Grosse eine neue Perspektive für die Tumortherapie. In ihrer Arbeit untersuchten die Wissenschaftler Zellen des schwarzen Hautkrebses (Melanomzellen).
„Die Erkenntnisse scheinen jedoch auch für viele andere Krebsformen aussagefähig zu sein“, erklärt Grosse. Das Melanom gilt als besonders aggressiv. Da diese Krebsform häufig schon sehr früh Metastasen streut, sind die Prognosen hier besonders ungünstig.
(idw – Universitätsklinikum Heidelberg, 18.07.2007 – DLO)