Spezialisten im Ausweichen: Stechmücken haben raffinierte Strategien entwickelt, um sich nähernden Gefahren wie einer Fliegenklatsche zu entkommen. Dabei sind ihre Ausweichmanöver besonders an den Faktor Licht angepasst: Tagaktive Mücken können ihre Angreifer sehen und fliegen gezielte Manöver, um den Gegnern zu entkommen. Nachtaktive Mücken setzen hingegen eher auf unregelmäßige Flugbahnen, die ihre Gegner nicht vorhersagen können.
Blutsaugende Insekten wie beispielsweise Stechmücken müssen auf ihren Opfern landen, um an ihre Nahrung zu kommen. Das aber ist nicht immer einfach. Denn ihre Wirtstiere und auch wir Menschen versuchen, die Stechmücken, durch Abschütteln, Totschlagen und andere Abwehrmaßnahmen daran zu hindern. Die Mücken wiederum haben verschiedene Strategien entwickelt, um den Angriffen ihrer Gegner zu entkommen.
Mechanische Fliegenklatsche simuliert Gefahr
Um die Fluchtstrategien der Moskitos genauer zu untersuchen, haben Antoine Cribellier von der Universität Wageningen in den Niederlanden und seine Kollegen die nachtaktive Malariamücke Anopheles coluzzii und die tagaktive Mücke Aedes aegypti in einer künstlichen Flugarena beobachtet. Die Attacke einer menschlichen Hand simulierten sie mit einer mechanischen Fliegenklatsche und zeichneten die 3D-Bewegungen der Mücken mit Hochgeschwindigkeitskameras auf.
Immer wenn eine Mücke in Reichweite der Fliegenklatsche kam, löste diese einen „Abwehrschlag“ aus. Die Forschenden testeten die Reaktion der Mücken darauf unter vier unterschiedlichen Lichtbedingungen, die von vollkommender Dunkelheit bis zu trübem Tageslicht reichten. Damit wollten sie feststellen, ob und wie dieser Umweltfaktor die Fluchtstrategien der Stechmücken beeinflusste.
Mücken entkommen in 92 Prozent der Fälle
Die Tests ergaben, dass überraschend viele Mücken der Attacke der Fliegenklatsche entkamen: Von den über 10.000 aufgezeichneten Attacken traf die mechanische Klatsche die Mücken nur in acht Prozent der Fälle. Allerdings hingen die Erfolge von der Lichtintensität ab: „Die nachtaktive Anopheles-Mücke bewies im Dunkeln maximale Ausweichperformance, während die tagaktive Aedes-Mücke der Fliegenklatsche am besten während der höchsten Tageslicht-Intensität ausweichen konnte“, berichten Cribellier und sein Team.
Beide Moskito-Arten bedienten sich dabei verschiedener Tricks, die ihre Chance beim Ausweichen verbesserten. „Indem sie schneller fliegen oder scharfe Kurven einbauen, senken die Moskitos die Wahrscheinlichkeit getroffen zu werden“, erklärt das Forschungsteam. „Weil Fressfeinde und Wirte der Moskitos oft auf optimale Konditionen zum Zuschlagen warten, könnte dieses unberechenbare Flugverhalten sogar schon das Initialisieren einer Attacke verhindern“.
Flugstrategie an die „Mahl-Zeit“ angepasst
Welche Ausweichstrategien eine Stechmücke nutzt, ist jedoch auch von der Tageszeit und den herrschenden Lichtverhältnissen abhängig: Die tagaktive Mücke Aedes aegypti fliegt meist gezielte Ausweichmanöver und kann so das Risiko, getroffen zu werden, um den Faktor zwei verringern, wie die Flugtests ergaben. Doch dafür müssen die Mücken die kommende Gefahr sehen können – es muss Tageslicht herrschen. Aedes aegypti hat demnach das Jagen im Tageslicht durch hohe Wendigkeit und verstärkte Manövrierfähigkeit perfektioniert.
Im Dunkeln hingegen ist die nachtaktive Mücke Anopheles überlegen. Sie flog in den Tests zwar weniger determinierte Ausweichmanöver, aber dafür schneller und mit deutlich mehr Kurven als die Aedes-Mücke. Dieses unberechenbare Flugverhalten zeigte sie unabhängig von der akuten Bedrohung durch die Klatsche. Offenbar nutzt diese Mückenart ihre erratische Flugbahn als generelle Vorsichtsmaßnahme, weil sie kommende Attacken bei ihrer nächtlichen Wirtssuche nicht rechtzeitig sehen kann.
Neuer Entwicklungsansatz für Moskitofallen
„Dies zeigt, dass sowohl tag- als auch nachtaktive Mücken ihr Flugverhalten an die Lichtintensität anpassen“, sagen Cribellier und seine Kollegen. „Ihre Ausweichmanöver sind maximal erfolgreich, wenn Lichtbedingungen herrschen, unter denen sie normalerweise Blut saugen, und demnach Angriffe ihrer Wirte am wahrscheinlichsten sind“.
Die beiden untersuchten Moskito-Spezies haben eine starke Vorliebe für menschliche Wirte und sind beide Überträger von tödlichen Krankheiten wie Malaria, Gelbfieber, Zika-Fieber und Dengue-Fieber. „Daher können unsere Ergebnisse helfen, spezies-spezifische Moskitonetze zu entwickeln oder bereits bestehende Systeme zu optimieren“, erklärt das Forschungsteam. (Current Biology, 2022; doi: 10.1016/j.cub.2022.01.036)
Quelle: Wageningen University