Paläontologie

Video: Wie schlau war der T. rex?

Wissenschaftler korrigieren vermutete Intelligenz des Raubsauriers

Kai Caspar von der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf erklärt im Interview, wie man die Intelligenz ausgestorbener Tiere erforscht. © Harald Frater/ scinexx – Das Wissensmagazin

Superhirn oder träger Denker? Anders als in „Jurassic Park“ gezeigt und von einigen Biologen angenommen, war der Tyrannosaurus rex wohl doch kein sonderlich schlaues Reptil. Seine Intelligenz entsprach eher der eines Krokodils als der eines Pavians oder anderer Primaten, wie Paläontologen nun herausgefunden haben. Demnach wurde die Neuronenzahl im Gehirn des Raubdinosauriers zuvor stark überschätzt. Doch was bedeutet das nun für die kognitiven Fähigkeiten des Urzeit-Riesen?

Genauso wie bei modernen Tierarten gab es wahrscheinlich auch unter den verschiedenen Dinosaurier-Spezies große Intelligenz-Unterschiede. Während man kleinen zweibeinigen Raubdinosauriern wie dem Velociraptor generell mehr Grips zutraut, gelten einige Urzeit-Riesen wie Stegosaurier oder Langhalsdinosaurier traditionell eher als geistig träge.

Ein T. rex so intelligent wie ein Affe?

Doch woher können wir überhaupt wissen, wie intelligent ein Tier war, wenn es schon seit vielen Millionen Jahren ausgestorben ist? Entscheidende Hinweise lieferten bislang die Größe und Form der Schädelhöhle. Ein Abguss davon – ein sogenannter Endocast – entsteht etwa, wenn die Schädelhöhle sich im Laufe der Zeit auf natürliche Weise mit Mineralien füllt. Er lässt sich aber auch künstlich erstellen beziehungsweise digital rekonstruieren.

Im Jahr 2023 haben Paläontologen mithilfe von Endocasts bestimmt, wie viele Nervenzellen sich einst im Gehirn verschiedener Dinosaurier-Arten befunden haben könnten, und daraus deren jeweilige Intelligenz abgeleitet. Im Falle des berühmt-berüchtigten Tyrannosaurus rex kam das Team auf eine Neuronenzahl von bis zu 3,3 Milliarden.

Damit wäre der gigantische Urzeit-Räuber in etwa so schlau gewesen wie heutige Paviane. Die Wissenschaftler spekulierten deshalb sogar, ob der T. rex ähnlich wie Paviane dazu fähig gewesen sein könnte, eigene Werkzeuge herzustellen oder kulturelle Verhaltensweisen an die nächste Generation weiterzugeben. Doch kann das wirklich stimmen?

Neuronenpoker im fossilen Schädel

Weil ein Forschungsteam um Kai Caspar von der Universität Düsseldorf an der These vom „Einstein rex“ zweifelte, hat es die Intelligenz-Rekonstruktionen der früheren Studie nun noch einmal geprüft – und ist dabei zu völlig anderen Ergebnisse gekommen. Ihnen zufolge hatte der T. rex maximal 1,5 Milliarden Neuronen, großzügig gerechnet vielleicht sogar zwei Milliarden.

Die geringere Zahl kommt unter anderem dadurch zustande, dass Caspar und seine Kollegen nicht den kompletten Endocast, sondern nur Teile davon als Berechnungsgrundlage gewählt haben. Denn wie das Team erklärt, ist der Abguss der Schädelhöhle nicht bei allen Tiergruppen automatisch mit einem Gehirnabguss gleichzusetzen.

Doch selbst 1,5 Milliarden Neuronen erscheinen den Paläontologen immer noch zu viel. Denn diese hohe Zahl kommt nur zustande, wenn man die Gehirne moderner Vögel als Referenz nimmt, so wie es auch in der früheren Studie der Fall war. Doch Caspar und sein Team gehen aufgrund der Form des T. rex-Endocasts stattdessen davon aus, dass das Gehirn des Raubsauriers eher dem von modernen Reptilien wie Krokodilen geähnelt haben muss. Nimmt man ihre Gehirne als Berechnungsgrundlage, hätte das Gehirn des T. rex sogar nur aus 245 bis 360 Millionen Nervenzellen bestanden.

Wie schlau war der T. rex wirklich?

Aufgrund der nach unten korrigierten Neuronenschätzung nimmt das Team nun an, dass der Tyrannosaurus rex in puncto Intelligenz doch eher auf einer Stufe mit modernen Krokodilen stand. Das macht ihn zwar geistig deutlich träger als einen Pavian, aber bedeutet nicht automatisch, dass er dumm war. Denn auch Krokodile sind zu einigen kognitiven Leistungen fähig: Sie können zum Beispiel aus Fehlern lernen, Menschen voneinander unterscheiden und bei ihrer Jagd clevere Täuschungsmanöver einsetzen.

Allerdings betonen Caspar und seine Kollegen, dass die Neuronenzahl allein nicht ausreicht, um die Intelligenz eines Lebewesens final einzuschätzen. So haben Orcas zwar 20 Milliarden mehr Hirnnervenzellen als ein Mensch, sind unserer Spezies aber kognitiv nicht überlegen. Und Rabenvögel haben zwei- bis sechsmal weniger Neuronen als Menschenaffen, sind aber ähnlich leistungsfähig wie sie.

Coautor Hady George von der University of Bristol zieht daher folgendes Fazit: „Um die Intelligenz von Dinosauriern und anderen ausgestorbenen Tieren zu bestimmen, sollte man sich nicht allein auf Schätzungen der Neuronenanzahl verlassen, sondern mehrere Beweislinien heranziehen, die von anatomischen Vergleichen bis zu fossilen Fährten reichen.“ (The Anatomical Record, 2024; doi: 10.1002/ar.25459

Quelle: University of Bristol, Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf

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