Evolution

Wie unsere Vorfahren zu Killern wurden

Kiefer früher Landraubtiere verraten Aufstieg zum Spitzenprädator

Inostrancevia
Dieser Inostrancevia aus dem späten Perm war eines der ersten Raubtiere mit Säbelzähnen. © DiBgd /CC-by-sa 3.0

Fight Club der Urzeit: Die frühen, reptilienartigen Vorfahren der Säugetiere steigerten sich einst Schritt für Schritt zu geschickten Killern, wie Paläontologen herausgefunden haben. Demnach hatten die sogenannten Synapsiden vor 315 Millionen Jahren noch verhältnismäßig zarte Kiefer, mit denen sie lediglich kleine Tiere wie Fische und Eidechsen packen konnten. Doch als die Beutetiere größer wurden, entwickelten die Landraubtiere vor 270 Millionen Jahren schließlich robuste Kiefer, mit denen sie nun tiefe, tödliche Wunden reißen konnten.

Unser früher Stammbaum umfasst fremdartige Wesen, die wir dort wahrscheinlich nicht vermuten würden: die reptilienartigen Synapsiden, aus denen sich irgendwann die Säugetiere entwickelten. Zu ihnen gehörten auch die ersten großen Landraubtiere, darunter der vierbeinige Dimetrodon mit seinem imposanten Rückensegel. Rund 60 Millionen Jahre lang beherrschten die Synapsiden die terrestrischen Nahrungsketten – und zwar vom späten Karbon vor 315 Millionen Jahren bis zum Ende des Perm vor 251 Millionen Jahren. Erst einige Zeit nach ihrem Niedergang übernahmen schließlich die ersten Dinosaurier die Herrschaft.

Kiefer verraten Historie

Um mehr über das Leben unserer imposanten Vorfahren zu erfahren, haben Paläontologen um Suresh Singh von der University of Bristol nun erstmals die Evolution von fleischfressenden Synapsiden genauer nachverfolgt. Dafür analysierten sie die Schädelanatomie von 122 Synapsiden-Arten aus 110 Gattungen und leiteten daraus ab, welche Jagdstrategien die Tiere zu Lebzeiten wahrscheinlich verfolgten.

Ablesbar ist dies vor allem am Kiefer der Fossilien. Denn grazile Kiefer mit kegelförmigen Zähnen eigenen sich für andere Zwecke und Fressweisen als robuste Kieferknochen mit säbelzahnartigen Reißzähnen. Singh und sein Team untersuchten daher, wie sich die Kieferform der fleischfressenden Synapsiden im Laufe der Zeit verändert hatte und aus welchen Gründen das geschehen war.

Dimetrodon
Das Gebiss von Dimetrodon war noch nicht für das Reißen großer Beute gemacht. © Max Bellomio /CC-by-sa 4.0

Vom Anfänger…

Das Ergebnis: „Frühere synapside Raubtiere wie der berühmte Dimetrodon hatten ziemlich lange Kiefer mit vielen Zähnen“, erklärt Singh. Diese eigneten sich besonders gut dazu, kleine, wenig wehrhafte Beutetiere wie Fische, Insekten oder Amphibien zu packen und festzuhalten, wie die Forschenden berichten.

Doch als die Beute der Synapsiden mit der Zeit größer, schneller und wehrhafter wurde, musste eine neue Strategie her. Die Kiefer der Urzeit-Raubtiere wurden robuster und entwickelten weniger, dafür aber stark gebogene Zähne. Singh und seine Kollegen gehen davon aus, dass eine solche Kieferanatomie die Synapsiden zu vielen schnellen Angriffen befähigte. Sie schwächten ihre Beute also ähnlich wie heutige Wölfe durch zahlreiche kleinere Bisse.

… zum Killer

Die wahren Spitzenprädatoren unter den Synapsiden tauchten allerdings erst gegen Ende ihrer Herrschaft vor 270 bis 250 Millionen Jahren auf. Zu diesem Zeitpunkt hatten die Beutetiere bis dato unerreichte Größen angenommen und so erneut ein „Nachrüsten“ im Kiefer der Räuber angestoßen. Unter anderem entstanden zu dieser Zeit die ersten Raubtiere mit säbelzahnartigen Reißzähnen.

Schaubild Kieferevolution
Die Evolution des Synapsiden-Kiefers verlief in drei Etappen. © Singh et al./ Communications Biology, 2024 /CC-by 4.0

„Wir sahen eine Verschiebung hin zu kürzeren Kiefern mit größerer Muskeleffizienz und weniger Zähnen, die sich auf den vorderen Teil des Kiefers konzentrierten“, berichtet Singh. „Das waren Kiefer, die für tiefe, kräftige Bisse geeignet waren.“ Wahrscheinlich rissen die späten Synapsiden große Stücke Fleisch aus ihrer Beute heraus und setzten sie durch den hohen Blutverlust schnell außer Gefecht.

Doch gerade als die Synapsiden den Höhepunkt ihrer Herrschaft erreicht und sich zu spezialisierten Killern entwickelt hatten, bereitete das Massenaussterben am Ende des Perm ihrer Dynastie ein jähes Ende. Einige wenige überlebten jedoch und entwickelten sich im Schatten der Dinosaurier zu den ersten Säugetieren: unseren Vorfahren. (Communications Biology, 2024; doi: 10.1038/s42003-024-05879-2)

Quelle: University of Bristol

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