Wissenschaftler haben einen zentralen Mechanismus der Gehirnentwicklung bei Säugetieren entschlüsselt. Sie können nun erklären, wie Stammzellen sich zu Nervenzellen entwickeln und gleichzeitig der Stammzellvorrat erhalten bleibt. Die Forscher entdeckten ein Protein, das mikro-RNAs und damit wichtige Regulationsfaktoren im Zellstoffwechsel steuert.
Einer der faszinierendsten Vorgänge im Lauf der Entwicklung von Mensch und Tier ist die Ausbildung des Nervensystems. Beim menschlichen Embryo entstehen um den 20. Tag nach der Befruchtung erste Vorläufer von Nervenzellen. Diese vermehren sich zunächst durch wiederholte Teilungen in immer gleiche Tochterzellen. Etwa am 26. Tag setzt eine deutliche Spezialisierung ein, es entstehen erste Nervenzellen. Am Höhepunkt der Gehirnentwicklung werden unfassbare 250.000 neue Nervenzellen pro Minute gebildet. Dieser Vorgang, die Entstehung hoch spezialisierter Zellen aus undifferenzierten Stammzellen, ist eines der zentralen Elemente der Entwicklung und zugleich eines der spannendsten Rätsel der Biologie.
Erstmals Mechanismus bei einem Säugetier identfiziert
Der Neurobiologe Jürgen Knoblich vom am Wiener Institut für molekulare Biotechnologie (IMBA)
fand bereits vor drei Jahren einen ersten Schlüssel zum Verständnis dieses Phänomens. In Gehirnen von Fliegen identifizierte er das Protein Brat, das bei der Teilung von Nerven-Stammzellen immer nur an eine der beiden Nachkommen vererbt wird und damit deren Spezialisierung besiegelt. Die andere Tochterzelle, die aus dieser asymmetrischen Teilung hervorgeht, behält ihren Stammzellcharakter und kann sich weiterhin unbegrenzt teilen. Mutationen im Brat-Gen führen durch ungezügelte Stammzellvermehrung zu tödlichen Tumoren im Fliegenhirn.