Medizin

Wir haben mehr „gutes“ Fett als gedacht

Studie liefert neue Daten über leicht verbrennbaren braunen Fettanteil

Weißes Fettgewebe formt unansehnliche Speckpolster - Braunfett hingegen verbrennt sehr schnell. © Amanaimages/ iStock.com

Unerwartet viel „gutes Fett“: Der menschliche Körper verfügt offenbar über mehr braunes Fettgewebe als gedacht. Das legt nun zumindest eine Studie nahe. Demnach ist der Anteil dieses leicht verbrennbaren Fettes insgesamt dreimal so hoch wie bisher bekannt war. Allerdings: Das Braunfett ist leider nicht gerecht verteilt. So haben etwa Frauen oft mehr aktives braunes Fett als Männer. Das könnte auch die Wirkung von modernen Adipositas- und Diabetesmedikamenten beeinflussen.

Pölsterchen, Hüftgold und Rettungsringe: Weißes Fettgewebe formt an den bekannten Körperstellen typische Rundungen als Energiedepots für „schlechte Zeiten“. Genau das Gegenteil passiert im braunen Fettgewebe. Diese Fettzellen sind darauf spezialisiert, ihnen zur Verfügung stehende Energie möglichst schnell zu verbrennen und in Wärme umzuwandeln.

Braunfett gilt deshalb als „gutes“ Fett – und wer anteilig mehr davon hat, nimmt schneller ab. Allerdings: Zum Leidwesen vieler schienen die braunen Heizkraftwerke bei erwachsenen Menschen nur in geringfügigen Mengen vorzukommen. Carlos Gerngroß und seine Kollegen von der Technischen Universität München verkünden nun jedoch eine gute Nachricht. Offenbar verfügt unser Körper über mehr braunes Fett als bisher bekannt war.

Dreimal so hoch wie angenommen

Für ihre Studie fertigten die Mediziner knapp 3.000 PET-Scans von 1.644 Patienten an. PET steht als Abkürzung für Positronen-Emissions-Tomographie – eine Methode, die eigentlich in der Krebsmedizin eingesetzt wird, um Stoffwechselvorgänge sichtbar zu machen. Da ein Tumor häufig einen anderen Energiestoffwechsel als gesundes Gewebe aufweist, können so Metastasen festgestellt werden. „Als Nebenprodukt wird für uns aktives braunes Fettgewebe sichtbar“, erklärt Mitautor Tobias Fromme. „Dieses Gewebe nimmt viel Zucker auf und das können wir über die Scans nachvollziehen.“

Die Auswertung der Aufnahmen zeigte: Die Masse braunen Fettes war bei den Probanden viel größer als erwartet. Die Forscher kommen zu dem Schluss, dass der Braunfettanteil im menschlichen Körper dreimal so hoch ist wie bisher angenommen. Dabei sind jedoch nicht alle Menschen gleichermaßen mit dem „guten“ Fett gesegnet. Manche Personengruppen besitzen im Vergleich insgesamt mehr braune Fettzellen oder können diese zumindest besser aktivieren als andere.

Die Scans zeigten: Manche Personengruppen haben mehr braunes Fett als andere. © TUM/ Astrid Eckert

Frauen haben oft mehr vom „guten“ Fett

So offenbarten die Scans: Frauen scheinen häufiger aktiveres braunes Fett zu haben als Männer. Das hatten auch schon verschiedene Vorläuferstudien nahegelegt. Ebenso haben schlanke und jüngere Menschen offenbar mehr Anteile von braunem Fett. Bei Beleibteren wiederum reagiert das braune Fett nicht so aktiv, ebenso bei älteren Personen.

Rund fünf Prozent der untersuchten Patienten fielen bei der Analyse besonders aus dem Raster: „Bei ihnen kommt aktives braunes Fett weitaus häufiger vor als bei der allgemeinen Bevölkerung“, sagt Fromme. „Bei diesen Personen zeigten 50 Prozent der Scans diese aktiven Fettgewebeanteile.“

Zusammenhang mit Nierenfunktion?

Für den Wissenschaftler steckt darin eine mögliche Erklärung für das Phänomen, warum die einen bei einem zusätzlichen Stück Torte schon zunehmen, während anderen die süße Schlemmerei nichts anhaben kann. Doch wie lassen sich diese Unterschiede erklären?

Wie die Forscher erstmals zeigen konnten, scheint die Braunfett-Aktivität mit der Nierenfunktion in Zusammenhang zu stehen – wie genau, ist aber noch unklar. „Welche Ursache einen Menschen dazu bringt, besonders aktives braunes Fett zu besitzen, wissen wir noch nicht“, sagt Fromme. „Aber eine These ist, dass es Signalstoffe geben könnte, die sowohl auf das braune Fett als auch die Nieren wirken.“

Braunfettanteil bestimmt Wirkung neuer Medikamente

Eines aber können die Wissenschaftler jetzt schon sagen: Die Erkenntnis, dass manche Menschen mehr aktives braunes Fettgewebe haben als andere, wird sich künftig auf die Behandlung von Erkrankungen wie Diabetes und Adipositas auswirken. Denn neue Medikamente zur Therapie dieser Störungen aktivieren bei Betroffenen gezielt das braune Fettgewebe.

Von diesen Mitteln sei insgesamt eine stärkere Wirkung zu erwarten als bisher angenommen, so das Team. Allerdings: „Schlussendlich muss bei Medikamenten, die das aktive braune Fettgewebe nutzen, darauf geachtet werden, dass manche Personengruppen von einer zusätzlichen Aktivierung des braunen Fetts stärker profitieren werden als andere“, schließt das Team. (Journal of Nuclear Medicine, 2017; doi: 10.2967/jnumed.116.183988)

(Technische Universität München, 02.03.2017 – DAL)

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